Die SUVs stehen zur Diskussion, aber nicht wegen des bedauerlichen Unfalls in Berlin, an dem ein solches Fahrzeug offensichtlich beteiligt war. SUVs werden in den Gazetten auch schon mal als „Stadtpanzer“ bezeichnet – der Schritt zum „Krieg auf den Straßen“ ist dann nicht mehr weit. Tatsache ist, dass der SUV zwar ein Verkaufsschlager der Autoindustrie ist, aber aufgrund seiner Größe, seiner Breite, seiner Anmutung als „Panzer“, seines Gewichtes und folglich seines Verbrauchs und seines relativ geringen Platzangebots ein Produkt ist, das absolut nicht in die Zeit passt, in der CO2 und der Ressourcenverbrauch zunehmend auch politisch eine größere Bedeutung gewinnt.
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Die Antwort der Autoindustrie auf die Infragestellung der Funktionalität eines SUV ist überaus dürftig: Es wird als Verkaufsargument einerseits die erhöhte Sitzposition und die bessere Übersicht angeführt und andererseits das Argument, der Markt verlange dieses Auto. Mehr und Besseres ist nicht zu hören. Die Sitzposition, die zugegeben insbesondere für ältere Menschen von erheblichem Vorteil ist, haben auch PKWs, z.B. u.a. die B-Klasse von Mercedes oder vor Jahren der Golf plus und auch neuere VW-Modelle, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Sitzposition ist also keinesfalls SUV-gebunden. Und das Argument der Nachfrage ist ein Scheinargument: wer schafft denn die Nachfrage? Dafür werden doch Marketing- Milliarden für Framing ausgegeben, um den Geschmack und die Begierde zu wecken und in einem gewissen Umfang auch zu steuern.
Bisher war der Klimawandel ein ziemlich lästiges Lippenbekenntnis der Politik. Jetzt merkt auch der verbohrteste Konservative, dass die Masche nicht mehr zieht. Erst bestand bei der CSU die Gefahr, dass wesentliche Teile der Wählerschaft sich mehr für Bienen interessiert als für ein kapitalistisches „Mehr, Schneller, Höher“ und dann kamen wenige Wochen danach die künftigen Wähler mit „Friday for Future“ und setzten sich vehement für eine andere Klimapolitik ein. Vergleichbares geschah in Baden-Württemberg. Und da liegt man mit einem solch dysfunktionalen Automobilkonzept absolut daneben – da hat sich irgendetwas im Mainstream grundlegend gedreht und drängt damit die Automobilindustrie noch weiter in die Defensive.
War doch die Hoffnung dieser Industrie, nach dem Betrug an ihren Diesel-Kunden, auf Vergessen setzen und nun wieder durchatmen zu können, da kommt das nächste Problem: ausgerechnet die gewinnträchtigen SUVs werden jetzt hinsichtlich ihrer Funktionalität im Rahmen eines allgemeinen Mobilitätskonzeptes in Frage gestellt (zu groß, zu schwer, zu ineffizient). Das trifft noch nicht sofort die Umsatzzahlen, aber je länger die grüne „Community“ die Dysfunktion der SUVs thematisiert, desto mehr statusbezogene Kunden werden sich nach Alternativen umschauen (müssen).
In diesem Zusammenhang ist der tragische SUV-Unfall in Berlin natürlich für die psychologische „Kriegsführung“ verheerend, wenngleich es unbedeutend ist, welche Art Automobil diesen traurigen Unfall letztlich verursacht hat. Die Medien haben den „SUV“ jetzt ins Rampenlischt gestellt. Es zeigt sich auch hier, dass die Autoindustrie ihren vormaligen mächtigen Medien-Schutz weitgehend eingebüßt hat. Es werden Fragen nach der Sinnhaftigkeit dieser Automobil-Klasse gestellt und die lauwarmen Antworten machen einen sprachlos.
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