Rezensionen
„Reflexe und Reflexionen – Ökonomie mal anders“
von Volker Frühling
ISBN: 978 3 7322 7351 5
Preis: 9,80 €
Dr. Volker Frühling, als ehemaliger Finanzvorstand und langjähriger Wirtschaftsprüfer in der Welt der Wirtschaft bestens zuhause, führt uns in seinem im Oktober 2013 erschienen Sachbuch mit klarem, aber auch kritischem Blick in wesentliche wirtschaftliche Zusammenhänge.
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Auf den knapp 140 Seiten im handlichen und kostengünstigen TB-Format lassen sich gut verständlich – je nach Interesse oder verfügbarer Zeit – auch nur einzelne Kapitel zu jeweils einem bestimmten Schlagwort lesen. Das Buch zwar kein Lexikon, aber doch ein Vademekum zu diversen aktuellen Wirtschaftsthemen.
Als gelungenes Stilmittel nutzt der Autor ein dialektisches Gespräch zweier Freunde, die er nachdenklich, hinterfragend aber auch unterhaltsam („Reflexe und Reflexionen“) über Wirtschaft, ihre Auswirkungen auf uns Bürger, auf unsere Gesellschaft und auf Staaten diskutieren lässt. So wird er seiner Behauptung „Ökonomie mal anders“ gerecht.
Frühling fokussiert den Stoff auf entscheidende Themen: Wie greifen die ausgewählten Akteure wie Markt, Unternehmen, Lobby, Investoren im Wirtschaftsgeschehen ineinander? Wo und vor allem warum laufen manche Dinge nicht so, wie man sie uns glauben macht?
Dabei öffnet er uns die Augen für Schwachstellen und Risiken und für die Tendenz der Märkte zu Übertreibungen und Ausuferungen.
Während der Lektüre reist man entlang eines großen Bogens, in dem neben wirtschaftlichen Grundlagen so hochaktuelle Themen wie Big Business, Konsumismus, Nachhaltigkeit, Neoliberalismus, Private Equity und Wirtschaftsethik mit einbezogen werden.
Hart ins Gericht geht der Autor dabei mit der zielgerichteten Beeinflussung der Politik durch Lobbyisten und der neoliberalen Forderung nach Privatisierungen und Deregulierungen. Aber auch mit der Einseitigkeit des Wirtschaftens zur Renditemaximierung, mit den uns Verbraucher manipulierenden angebotsorientierten Märkten mit unnötigen Produkten ohne wirklichen Nutzen.
So analysiert und erklärt er das großenteils übliche Konsumverhalten als Abkehr von der ökonomischen Effizienzthese und als systematische Verschwendung von Ressourcen.
Liest man den Abschnitt „Big Business“, so gesellt sich zum Zweifel am Tun unserer Konzerne in der sog. Dritten Welt auch noch unsere Wut. Drei Seiten genügen hier dem Autor, das Fatale mancher Entwicklungs“hilfe“ und Investments für ganze Volkswirtschaften beeindruckend aufzuzeigen.
Anlegern sei auch der Abschnitt „Finanzmarkt“ empfohlen. Am Ende der ernüchternden Analyse wären allerdings einige Tipps hilfreich gewesen, wie insgesamt ein Stichwortverzeichnis gute Dienste getan hätte.
Die humanistische und partizipative Grundeinstellung des Autors zieht sich durch alle Abschnitte und so ist es auch nicht nur ein aufklärerisches, vielmehr ein „aufrührerisches“ Buch mit dem Ziel, Kontrapunkte zu den oft manipulativen Darstellungen des ökonomischen Mainstreams zu setzen.
Immer wieder spürbar wird die Absicht des Autors, bei Bürgern und Politikern deutlich mehr Bewusstsein für den in Teilen verbesserungswürdigen Status quo unseres Wirtschaftens und deutlich mehr Verantwortung für unsere Zukunft einzufordern.
Dazu kann man dem Wirtschaftsbuch nur eine breite, reflektierende und agierende Leserschaft wünschen, denn der französische Volkswirt Jean Fourastié hat recht mit seinem Axiom “Die Zukunft wird so aussehen, wie wir sie gestalten”.
Was muss man als Leser/in für dieses Buch mitbringen? Natürlich das Interesse an dem, was Wirtschaften für und insbesondere mit uns macht, dazu einen wachen Geist und die Bereitschaft zu hinterfragen und in Frage zu stellen. Also: Sapere aude! Mut zum Selberdenken!
Dr. Hans Weiskopf / 15.11.2013
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Ist der Neoliberalismus wirklich alternativlos?:
Ein Dialog zur politischen Ökonomie
von Volker Frühling
ISBN: 978-3739290751
Preis 11,90 €
Der ehemalige Finanzvorstand und langjährige Wirtschaftsprüfer Volker Frühling veröffentlicht sein zweites Buch und befasst sich darin intensiv mit den negativen Seiten des Neoliberalismus. Aus der Sicht dieses Wirtschaftspraktikers gefährdet Neoliberalismus die bürgerliche Gesellschaft fundamental.
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Rahmenhandlung ist im Wesentlichen ein fiktiver Dialog zwischen einem heute lebenden Protagonisten namens Max und einem Immanuel, der bereits in der Zukunft, in 2115 lebt. Immanuel ist also dem Max um 100 Jahre Erfahrung voraus und schildert entsprechend, wie sich in dieser Zeit Wirtschaft und Wirtschaftspolitik gegenüber 2015 verändert haben. Eine weitere Bankenkrise („mindestens so verheerend wie 2008“) war dabei der Umkehrpunkt für wesentliche Systemveränderungen.
Der Einstieg über die „Zeitreisenden“ ist etwas gewöhnungsbedürftig, doch wird der Leser überrascht sein, wie schnell das Gespräch ein anspruchsvolles Niveau erreicht.
Nicht nur ein profundes Fach- und Hintergrundwissen muss man dem Autor bestätigen, auch einen enormen Fleiß beim Studieren der heute gedachten wirtschaftlichen Alternativmodelle. Frühling lässt nichts an relevanten Themen aus und bietet dazu umfangreiche Informationen. Kapitelweise erfahren wir anspruchsvolle Analysen u.a. zur Wirkung des Neoliberalismus, von Verschuldung, Steuersystem, Versorgung als öffentliche Aufgabe, Grund und Boden. Recht lesenswert sind auch seine Ausführungen zu einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Den „Marktgläubigen“ begegnet Frühling mit großer Skepsis. Anhand diverser Beispiele zeigt er, dass die immer wieder bemühte „unsichtbare Hand“ nach Adam Smith ihre lenkende Wirkung nicht entfaltet.
Mit dem aus seiner Sicht heutigen „Raubtierkapitalismus“ im Kleid des Neoliberalismus geht er hart ins Gericht. „Kein Gedankengebäude von Bedeutung ist so schamlos wie der ökonomische Neoliberalismus“, folgert er. Den auf nationaler und internationaler Ebene verantwortlichen Politikern attestiert er eine allgemeine Wirtschaftshörigkeit. Wettbewerb als großen Innovator und Heilsbringer? Frühling begründet seine Ablehnung und sieht ihn heute primär als akzeptiertes und überaus wirkungsvolles Herrschaftsinstrument.
Zum Hauptfaktor der Einkommens- und Vermögensballung erklärt er neben einer verfehlten Steuerpolitik die Finanzwirtschaft mit ihrer Zinseszinsmaschinerie. Er spricht von einer Ungleichheit in einem Ausmaß wie zurzeit feudaler Verhältnisse um 1900.
Worum geht es dem Autor? „Es geht darum, die eklatanten Fehlentwicklungen aufzufangen oder zu verhindern. Es müssen Wege gefunden werden, positiven Wertvorstellungen wieder Geltung zu verschaffen und der Gier, der Verantwortungslosigkeit, der Reduzierung des Denkens auf simple Nützlichkeiten einen ethisch begründeten Riegel vorzuschieben.“
Der humanistisch geprägte und partizipativ denkende Autor will Mut machen, den Sinn und die Verantwortung unseres heutigen Konsums, unseres Wirtschaftens und politischen Gestaltens zu hinterfragen. Bürger sollen scheinbar wirtschaftliche Aspekte nicht mehr einfach als solche hinnehmen und damit auch nicht mehr die darin verdeckte Machtausübung akzeptieren. Über seine Analyse und anschließend auch über konsequente Alternativen nachzudenken – dazu gehört tatsächlich Mut! Den macht auch sein Motto: „Es gibt immer eine Alternative! Man muss sie nur zu denken wagen.“ Ohne Zweifel ist es wieder ein „aufklärerisches“ Buch und auch hier gilt „Sapere aude!“ – Mut zum Selberdenken!
Wem kann man das Buch empfehlen? Ohne Frage allen, die mit den aktuellen, meist wirtschaftlich begründeten Auswüchsen unserer Gesellschaft unzufrieden sind und in Verantwortung um die Zukunft einer lebenswerten Bürgergesellschaft „nach vorne“, an Alternativen denken wollen. Genauso allen, die unser heutiges Wirtschaftssystem bewahren möchten, um die jetzigen Schwachstellen aufgezeigt zu bekommen und ihren Blick für notwendigen Handlungsbedarf zu schärfen und berechtigte Korrekturen wirtschaftlich und politisch einzufordern.
Dr. Hans Weiskopf/30.09.2015
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