Handlungsalternativen V (Zusammenfassung)

Man könnte die Liste der Maßnahmen beliebig weiter ausbauen, aber wenn man an allen Stellschrauben dreht, die sich drehen lassen, besteht die Gefahr, dass man die Kontrolle über den Prozess verliert. Es sind hier in dem Zusammenspiel der Akteure einige wichtige Bedingungen zur  Veränderung vorgeschlagen.

» weiterlesen

Im ersten Schritt wird die Finanzwirtschaft entschleunigt und auf ihre ursprüngliche Aufgabe, die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, reduziert. Man könnte auch noch einen Schritt weiter gehen und die Geldschöpfung wieder der Zentralbank anzuvertrauen. In einem weiteren Schritt würde die Zielsetzung der Realwirtschaft von einer kurzfristigen auf eine längerfristige Handlungsperspektive umgestellt. Das Anreizsystem wird radikal umgestellt. Geld darf nicht mehr der alleinige Motivator sein. Der Shareholder Value Gedanke mit seiner strikten kurzfristigen Gewinnmaximierung wird aufgegeben. Der entschleunigte Finanzmarkt wird mit dazu beitragen, dass die Gewinnmaximierung aus dem Fokus verschwindet.

Dann müssen wir dem Rechtsgedanken einen neuen Impuls verleihen. Recht soll nicht dazu dienen, kreative Lösungen zu seiner Umgehung zu finden – Recht soll die Grundlage im Umgang miteinander darstellen und wer das nicht verstehen will, sollte dies auch konsequent spüren. Es kann auch keine juristischen Deals mehr geben, die ja überproportional zunehmen, je einflussreicher die Prozessbeteiligten sind. Es muss umgekehrt geregelt werden: Je kleiner der Fall, desto eher kann man auf Großzügigkeit hoffen, aber je grundsätzlicher und öffentlich bedeutsamer die Fälle sind, umso weniger ist dort Raum für ein cleveres Geschäft mit dem Gericht. Dann muss der Fall zu seinem bitteren Ende gebracht werden, sonst verliert das Publikum zunehmend seinen Glauben an die Gerechtigkeit.

Da wo der Staat ein Recht zum Eingriff hat, hat er dieses Recht auch ohne Ansehen der Person zum Wohle der Gemeinschaft auszuüben – da sollte man doch in der Lage sein, auf steuerlich illegale „Standortvorteile“ zu verzichten. Seriöse Unternehmer sind für solche Mätzchen sowieso nicht zu gewinnen. Unternehmen heißt nicht, Gewinne durch möglicherweise unseriöse Steueroptimierung zu erzielen, sondern erfolgreich ein Geschäft zu betreiben. Dazu gehört auch Steuern zu bezahlen – die Gegenleistung für Infrastruktur. Sie wird ja auch gerne und klaglos in Anspruch genommen.

Unser Rechtverständnis als nicht quantifizierbare Qualität wird durch seine Kommerzialisierung zerstört. Man hat sich auf den Pfad der Untugend eingelassen, halbseidene Aussagen als Rechtens zu zulassen. Aber es gibt nur eine Aufrichtigkeit und die ist unteilbar, denn alles was nicht der Qualität der Aufrichtigkeit entspricht, ist tendenziell Betrug. Das Halbseidene und deren Verhaltensweisen lassen sich vermutlich nicht ganz eliminieren, aber dieses Verhalten als rechtsgrundsätzlich zu akzeptieren, führt direkt in die Korruption. Zunehmend glauben wir als „Risikogesellschaft“ (Ulrich Beck), die Gefahr rechtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden, als schlichtes Nutzen-Kostenrisiko betrachten zu können: ein bestimmtes  Verhalten ist zwar legal nicht zu tolerieren, aber das Risiko, zur Rechenschaft gezogen zu werden, gilt im Vergleich zum Nutzen dieses Verhalten als „unternehmerisch vertretbar“. Das Recht muss sich in wesentlichen Teilen diesem Kalkül entziehen bzw. wenn wir die Anwendung des ökonomischen Kalküls hierbei tolerieren, verlieren wir unsere letzte Glaubwürdigkeit.

» weniger zeigen

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert