Prof. Dr. Christian Kreiß hat schon 2014 ein Buch zum „Geplanten Verschleiß“ veröffentlicht. Es ist mir leider erst kürzlich über den Weg gelaufen. Trotz der drei Jahre, die das Buch im Markt ist, bleibt das Thema aktueller denn je. Es hat mit der „Diesel-Affäre“ zusätzliche Bedeutung erhalten. Ich will versuchen, das Lesen des Buches schmackhaft zu machen ohne den Inhalt auszubreiten.
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Der Begriff des geplanten Verschleißes ist mehrseitig. Anders als Kreiß stelle ich zum Verständnis der Zusammenhänge die Verschleißplanung dem geplanten Verschleiß gegenüber: Verschleißplanung ist eine technische Größe, die bei jedem größeren Produkt zu Anweisungen führt, wie und wann Service stattfinden und was dabei ausgewechselt werden sollte, um die Gebrauchsfähigkeit des Produktes möglichst lange zu erhalten. Das ist ein Vorgang, der von der (meist industriellen) Kundschaft grundsätzlich positiv beurteilt wird. Auch deshalb, weil der „Serviceplan“ (weitgehend) offengelegt wird und er damit in die Kaufentscheidung sinnvoll einfließen kann. Das ist die positive Seite, die insbesondere bei Geschäften B2B (Business to Business) Anwendung findet.
Der geplante Verschleiß dagegen ist ein ökonomisch dominierter Begriff. Die Methode des ‚Geplanter Verschleißes‘ bietet die Möglichkeit bei hohem Wettbewerb und ausgereizten Märkten zusätzliche Marge zu machen. Da sich der Umsatz nur schwer und sich nur mit hohen Kosten ausweiten lässt, ist der Hersteller insbesondere im B2C-Geschäft versucht, die Qualität seines Produktes bei gleichem Preis abzusenken, ohne dass der Kunde den Vorgang bemerkt. Durch die unbemerkte Herabsetzung der Qualität kann in erster Linie die Lebensdauer des Produktes verkürzt werden (Neukauf wird forciert). Oder die Reparaturfähigkeit des Produktes wird hochgradig spezialisiert oder gar unmöglich gemacht. (Serviceleistung oder Neukauf wird forciert). Das Ganze geschieht unter vorgehaltener Hand – der Kunde darf davon nichts wissen und wenn der frustrierte Kunde (oder die Verbraucherzentralen) die Hersteller darauf ansprechen, weisen sie den Vorwurf weit von sich.
In dem Buch von Christian Kreiß wird in zahllosen Beispielen deutlich, dass geplanter Verschleiß im B2C Geschäft (Business to Customer) tägliche Praxis ist, aber die Hersteller diese Tatsache einfach öffentlich nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Sie müssten gegenwärtig weniger rechtliche Sanktionen fürchten denn nachteilige Marktreaktionen. Kreiß bietet neben den vielen Beispielen auch ökonomische Zusammenhänge, die das Verhalten der Hersteller erklären, aber keinesfalls billigen. Die Erklärungen lassen die Haltung der Hersteller als lächerlich und naiv erscheinen. Aber auch Kreiß kann trotz des erdrückenden Materials leider nicht den justiziablen „Beweis“ des systematischen Kundenbetrugs führen. Hierzu müssten lt. Kreiß Gesetze geändert werden, und – so meine Meinung – darauf werden wir noch lange warten müssen. Es besteht jedoch eine kleine Chance, das sich die Hersteller, wie im Falle der ‚Diesel-Affäre‘ so unmöglich benehmen, dass eine größere Zahl der Kunden aus seinem Dauerschlaf aufwacht und der Politik Beine macht.
Kreiß enthält sich solcher Bemerkungen und analysiert sauber und nachvollziehbar. Sehr interessant ist sein Versuch, nach umfangreicher Analyse und Informationsaufbereitung, Maßnahmen vorzuschlagen, wie das Problem des ‚Geplanten Verschleißes‘ gelöst werden kann. Beim Lesen viel Vergnügen!
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