Gentechnik – aus einer längerfristigen Perspektive

In der New York Times International Weekly vom 18.11.2016 (SZ-Beilage) hat Danny Hakim zur Gentechnik ein paar Gedanken zusammengetragen, die es lohnen, sich damit auseinander zu setzen. Die englischsprachige Beilage wird vermutlich nur von wenigen gründlich gelesen und dabei wird manchem entgangen sein, dass unter dem Titel „Das nicht eingelöste Versprechen“ ein entlarvender Blick auf die Gentechnik geworfen wird.

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Europa hat sich der Gentechnik in der landwirtschaftlichen Produktion verweigert. Dabei waren die vielen öffentlichen Argumente gegen Gentechnik mehrheitlich auf die vermuteten gesundheitlichen Folgen gerichtet. Ein Nachweis der gesundheitlichen Schädigung durch Gentechnik konnte bis heute aber nicht eindeutig erbracht werden. Deshalb bezieht sich Danny Hakim auf einen etwa dreißigjährigen Betrachtungszeitraum und hat sich die Frage gestellt, ob die Versprechen, mit denen die Industrie genveränderte Pflanzen vor etwa dreißig Jahren eingeführt hat, je erfüllt wurden.

Was waren die Versprechen? „Das Versprechen der Technik zur genetischen Veränderung von Pflanzen war zweifach: Durch Immunisierung der Pflanzen gegen die Wirkungen der Unkrautvernichtungsmittel und die damit verbundene Widerstandsfähigkeit gegen vielfältigen Schädlingsbefall würden die Pflanzen so kräftig wachsen, dass sie zur Ernährung der Weltbevölkerung unverzichtbar wären, wobei auch die erforderliche Anwendung von versprühten Pestiziden zurückgehen würde.“

Es gibt den einmaligen Fall, dass die USA und Kanada die Gentechnik im Agrarsektor mit offenen Armen begrüßt und genutzt haben und dass sich Europa der Gentechnik widersetzte und diese im Agrarsektor grundsätzlich nicht zuließ. Durch diese Entwicklung gibt es eine Region (Europa), die gänzlich ohne Gentechnik in der Landwirtschaft auskommen musste und eine zweite Region, die die Gentechnik begrüßte und exzessiv anwendete – und das über dreißig Jahre. Das ist eine Fallstudienkonstellation, wie sie sich nur selten in der gewünschten Klarheit darbietet.

Was ist aufgrund der oben angeführten Versprechen zu erwarten?

  1. Amerika müsste aufgrund der Versprechen der Industrie einen deutlichen Vorsprung in der Ertragsfähigkeit pro Hektar gegenüber Europa erzielt haben. Eine solche Entwicklung ist aufgrund der langen Zeitreihe nicht nachweisbar. Die Ertragsfähigkeit pro Hektar ist in Amerika und Europa nicht signifikant unterscheidbar.
  2. Amerika müsste im Gebrauch von Herbiziden, Fungiziden und Pestiziden pro Hektor deutlich günstiger liegen als Europa. Hier trifft das Gegenteil zu. Während es Europa innerhalb der letzten 30 Jahre gelingt, die Ausbringung dieser Gifte pro Hektar signifikant zu verringern, nimmt die Ausbringung in Amerika kräftig zu.

Das Ganze hat auch eine ökonomische Komponente. Genverändertes Saatgut ist patentiert und die Nutzung des Saatgutes ist mit einiger Sicherheit kostspieliger als natürliches Saatgut. Wie die Studie zeigt, sind aber die Erträge der genveränderten Saaten nicht signifikant besser als die der natürlichen Saaten.

Eine vergleichbare Betrachtung ist auch bei den Landwirtschaftsgiften zulässig. Offensichtlich müssen die amerikanischen Landwirte höhere Mengen dieser Gifte einsetzen. Es ist nicht zu erwarten, dass diese global angewendeten Gifte auf dem amerikanischen Kontinent wesentlich günstiger eingekauft werden können als jene in Europa. Diesen doppelten Wettbewerbsnachteil müssen die Landwirte in Amerika an ihre Kunden weitergeben oder die Einbußen als Folge der Entscheidung für die Verwendung genveränderter Saaten verbuchen.

Hakim hat Monsanto mit diesem Ergebnis konfrontiert. Monsanto hat natürlich die Datenbasis angegriffen und dann ausgeführt: „Jeder Farmer ist ein smarter Geschäftsmann und ein Farmer würde nicht bereit sein für eine Technologie zu bezahlen, wenn er glaubte, sie brächte ihm keinen wesentlichen Nutzen.“ Wenn die Farmer die Möglichkeit hätten, solche Vergleiche, wie hier durchgeführt, anzustellen, dann wäre diese Aussage ganz schnell ad absurdum geführt. Nur, Farmer denken selten global, weil ihre Fokus immer auf den lokalen Gegebenheiten basieren und solange sie die Zusatzkosten weiterbelasten können, werden sie auch nicht sonderlich nachdenklich.

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