Wir nehmen den Betrug der Autoindustrie hinsichtlich der Abgas- und Verbrauchsangaben zu ihren Produkten verärgert zur Kenntnis und hoffen auf die Justiz. Man erkennt auch, dass die Politik ihr Heil in einer forcierten Elektro-Doktrin zu finden hofft. Die Wasserstofftechnologie für Antriebe spielt politisch offensichtlich keine große Rolle. Am Horizont zeichnet sich die Idee vom autonomen Fahren ab.
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Gleichzeitig droht die Politik mit dem Beharren auf dem vollmundigen Klimaziel sich lächerlich zu machen, weil der gute Wille erklärt wird, aber das „Fleisch“ in der Regel viel zu schwach ist, um sich gegen die industriellen Interessen durchzusetzen.
In den Metropolregionen verzichten viele jüngere Menschen schon heute auf ein Auto, nicht weil sie es sich nicht leisten können, sondern weil sie nicht wissen, wohin damit, wenn der Feierabend kommt. Und ganz ehrlich, es wird immer wieder behauptet, das Auto sei schneller als der ÖPNV in der Überwindung der Entfernung, aber angekommen, muss der Fahrer so lange nach einem Parkplatz suchen, dass der mögliche Vorsprung sich schnell verflüchtigt. Der Öffentliche Personen Nahverkehr (ÖPNV) wird Jahr für Jahr ein wenig leistungsfähiger, aber das Haupttransportmittel der meisten Menschen – das Automobil – wird von Jahr zu Jahr in den Metropolen unattraktiver. Das Automobil scheint sich in diesen Räumen selbst ad absurdum zu führen.
Die Gemengelage ist sehr unübersichtlich und es gibt – wie immer in solchen komplexen Zusammenhängen – keine einfache Lösung, die mit ein paar kleinen Korrekturen den Status quo fortschreibt. Das wäre politisch zwar am einfachsten durchzusetzen, aber die erkennbaren Umbrüche sind zu groß.
Der klassische Verbrennungsmotor wird uns noch einige Jahre begleiten. Diese Technologie ist ausgereift und die Infrastruktur steht. Man wird an dem Schadstoffausstoß ein wenig herumflicken, um ihn nicht ganz aus dem Ruder laufen zu lassen. Das Automobil ist sowohl in den Metropolregionen als auch auf dem flachen Land eingeführt und entspricht weitgehend unseren Erwartungen an diese Technologie. Wir vergiften uns nur allmählich und in den Metropolen wird die Blechlawine, die sich täglich durch die Straßen wälzt, hinsichtlich Lärm, Schmutz und Platzverbrauch unerträglich.
Wenn man nun das gleiche Szenario mit der E-Mobil-Technologie beschreiben will, entfallen Schadstoffausstoß der PKWs und der Lärm. Damit wäre die Situation ein bisschen besser. Was ist aber mit dem gewerblichen Verkehr, den wir unter dem Begriff LKW erfassen? Von dem LKW-Verkehr wird im Rahmen der E-Mobilität überhaupt nicht gesprochen. Als ob es keine LKWs gäbe! (Ausgerechnet die Post befaßt sich mit dieser Frage, weil sie auf dem deutschen Automobilmarkt mit ihrem Anliegen keinen Produzenten gefunden hat).
Ist der Kohlendioxydausstoß bei einer E-Mobilität wirklich geringer? Der Strom muss ja produziert werden und entwickelt dabei CO2. Die Frage, ob hier dann wirklich Kohlendioxyd eingespart wird, ist nicht abschließend geklärt, solange nicht ausschließlich erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.
Das E-Mobil hat eine recht begrenzte Reichweite. Das kennen wir aus den Anfangsjahren des Verbrennungsmotors auch noch. Kraftstoff zu fassen war und ist eine Sache von zehn Minuten, Elektrizität in Batterien zu speichern ist noch eine Sache von Stunden. Die dazu notwendige Infrastruktur muss erst noch aufgebaut werden. Die Kosten werden erheblich sein. Eine Größenordnung ist mir nicht bekannt. Die Batterien sollen nur 10 – 15 Jahre verwendbar sein, dann müssen sie ausgewechselt und ‚entsorgt‘ werden. Einerseits liegen die damit verbundenen Kosten weit jenseits des halben Fahrzeugneupreises (je nach Größe des Fahrzeugs). Andererseits ist die Entsorgung solcher Autos vorprogrammiert: wer investiert in ein 15 Jahre altes Auto nochmals den halben Anschaffungspreis. Das ist völlig unrealistisch. E-Mobilität wird dadurch richtig teuer. Die Umweltschäden, die diese Technologie in der Dritten Welt auslöst, werden noch mehr Afrikaner zum Anlass nehmen, ihr Heil unter Lebensgefahr in Europa zu suchen.
Ein weiterer Mangel der so verstandenen E- Mobilität liegt darin, dass wir nichts sparen: Der heutige Energieverbrauch unserer Verbrennungsmotoren wird auf das Stromnetz übertragen. Wenn meine Informationen richtig sind, fahren wir mit den gegenwärtigen Energienetzen an der Kapazitätsgrenze. Wenn also dann alle E-Mobile ihren „Kraftstoff“ aus dem Strom-Netz beziehen, müssten die erforderlichen Kapazitäten schon heute in Angriff genommen und vielleicht verdoppelt oder verdreifacht werden, um diesem Ansturm gerecht werden zu können. Ist das der Fall? Nach meiner Kenntnis passiert diesbezüglich gegenwärtig nichts.
In den bisherigen Betrachtungen taucht die Option des autonomen Fahrzeugs nur am Rande auf. Das autonome Fahren ist im Grunde ein Taxi ohne menschlichen Fahrer. Was bedeutet das für die Mobilität? Das autonome Fahren ist in einem ersten Schritt völlig unabhängig von der Antriebstechnologie. Ob Verbrennungsmotor oder Elektromotor oder gar ein Wasserstoffantrieb, das ist dem autonomen Fahrer (dem Algorithmus) völlig gleichgültig.
Mit dem autonomen Fahren wird der Besitz eines Automobils jeden Charme verlieren. Der Besitzer kann sich in den Metropolregionen über die Größe seines Autos sozial nicht mehr differenzieren. Die Autohersteller werden bequeme Einheitsfahrzeuge bereit stellen, die man immer dann, wenn man sie braucht, ruft und benutzt. Was ist die Folge? Heute ist ein Auto bei den meisten Menschen eine überaus unwirtschaftliche Anschaffung: Das Auto steht ca. 22 Stunden eines Tages auf der Straße, nimmt Platz weg und wird in den zwei Stunden des Tages im Schnitt etwa 25 – 50 km bewegt, um dann wieder zu stehen. Ein autonom gesteuertes Fahrzeug ist im Prinzip 24 Stunden (abzüglich ‚Kraftstoff‘-Aufnahme und Service) unterwegs. Wenn es A nicht nutzt, nutzt es B. Die Bestellung eines Fahrzeugs erfolgt digital. Wenn man davon ausgeht, dass morgens und abends eine große Nachfrage nach Fahrzeugen auftreten wird, ist trotz allem festzustellen, dass die absolute Zahl von Fahrzeugen durch das autonome Fahren drastisch sinken wird. Für Städte gibt es Simulationen, die davon ausgehen, dass der Fahrzeugbestand dort aufgrund der veränderten Fahrtechnologie auf zehn Prozent des gegenwärtigen PKW-Bestandes sinken würde. Neunzig Prozent des Bedarfs an Autos lösen sich dann in Luft auf. Was für einen Platz gewönne man in den Städten!
Das autonome Fahren würde damit auch aus Umweltgesichtspunkten selbst bei den bestehenden Verbrennungsmotoren einen Beitrag zur Reduzierung von CO2 leisten können, den sich die Regierung in ihren kühnsten Träumen nicht erhofft hat. Deshalb ist auch bei der Beurteilung der E-Mobilität mit Vorsicht zu argumentieren: E-Mobilität zusammen mit autonomem Fahren senkt die PKW-Zahlen drastisch und damit die zu erwartenden Infrastrukturaufwendungen und senkt mit gewissen Einschränkungen aufgrund der geringeren Automobilzahlen auch den Energiebedarf und die damit verbundenen Infrastrukturfolgekosten in der Energieversorgung. Vor diesem Hintergrund sollte man nicht mit einer fragwürdigen E-Doktrin durch die Lande ziehen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass sich das autonome Fahren realisiert und politisch durchgesetzt wird. Hier liegt offensichtlich einer der Dreh- und Angelpunkte, gewissermaßen die Schnittmenge der anstehenden Probleme.
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