Die Pandemie deckt Mängel auf

Je länger die Pandemie dauert, umso größer werden die Zweifel an der Politik. Dabei richtet sich die Kritik m.E. nur teilweise gegen die handelnden Politiker, die (ehrlich) bemüht sind, den „Karren“ auf der Straße zu halten. Man gewinnt den Eindruck, dass die Handelnden keinen seriös arbeitenden Unterbau haben.

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Was wird da nicht alles angekündigt, nur um dann festzustellen, dass es an den elementaren Grundlagen einer Versorgung fehlt. Kann man so etwas nicht vorher abklären, bevor man die „Leute“ damit verwirrt?

Aber mal grundsätzlich: Zeigt uns die Pandemie nicht auch überdeutlich unsere administrativen Schwächen? Im Rahmen der Pandemie wird deutlich, welchen Stellenwert eine angemessene Versorgung gewinnt, wenn aller konsumtiver Schnickschnack durch Lock-down wegfällt.

Es werden Impfzentren aus dem Boden gestampft, lange bevor überhaupt Impfstoff verfügbar ist. Für den kritischen Beobachter wird erkennbar, dass offensichtlich die Bürokraten die Macht übernommen haben. Aber ihre Vorstellungen von einem Ablauf scheinen mit den Vorstellungen der Bürger so gar nicht zu harmonieren. Menschen, insbesondere Impfwillige, verhalten sich nicht wie Produkte oder Massentierhaltung, sondern eben eigenwillig, also geht der „Herdenauftrieb“ in Impfzentren von falschen Voraussetzungen aus. So wie die Wirtschaft vom falschen Bild des ‚homo oeconomicus‘ und seiner schlichten, dummköpfigen (Amartya Sen) Präferenzhaltung ausgeht, so gehen Bürokraten jetzt davon aus, dass sie erfolgreich in massenhaften Impfzentren den Ansturm (wenn mal ausreichend Impfstoff vorhanden ist) bewältigen werden können. Das Chaos ist m.E. vorprogrammiert.

In Bayern kann ich mich per Internet um einen Termin „bewerben“. Ich stelle mir vor, was 85jährige mit dem Internet anstellen sollen, um sich zu melden. Die Politik vermittelt den Eindruck, dass sie jedem Bürger im Laufe des Jahres ein Impfangebot machen kann. Die Frage ist nur, auf welcher Datenbasis? Das „Angebot“ vermittelt den Eindruck, als ob unsere Verwaltung in Deutschland Daten besäße, die hier ein systematisch begründbares Vorgehen ermöglichen. Das ist nach meinen Informationen nicht der Fall. Eine Datei, die die Daten aller Bürger dieses Landes mit Namen, Wohnort, Adresse und Alter als Grundlage bereitstellen könnte, gibt es nicht. Somit ist der Verwaltung jedes geordnete, proaktive Vorgehen (nämlich ein Angebot machen) gar nicht möglich. Deshalb kann man sich jetzt per Internet anmelden, damit sich die Gesundheitsämter wenigstens auf diese Weise ein Überblick über ihre kommenden Aufgaben verschaffen können.

Ich finde es immer wieder sehr interessant, bei den Fernsehberichten nicht auf den Sprecher zu achten, sondern die Verarbeitungsmethoden der Impfzentren zu beobachten: wie fleißige dienstbare Geister (natürlich mit Masken) mit Bergen von handbeschriebenem Papier durch die Gänge eilen, sich abstimmen, Papiere abgeben und neue Papiere erhalten. Mit anderen Worten: die Impfzentren arbeiten noch so, wie man vor 50 Jahren die Sache gelöst hätte als man von Digitalisierung noch keine Ahnung hatte. Scheinbar ist es dabei geblieben!

Es zeigt sich jetzt, dass eine „Verimpfung“ über die Ärzteschaft vermutlich der bessere und der einfachere Weg zu sein scheint. Der Weg zum Arzt ist den meisten vertrauter als der Weg in ein anonymes Impfzentrum mit oft langer Anfahrt und eventuellen Parkplatzproblemen. Und der zu erwartende Impfdurchsatz ist kümmerlich und lässt die Impfzentren bisher ziemlich blass aussehen.

Diese Pandemie hat derartig viele Defizite sichtbar gemacht, die unter den Bedingungen eines bürokratischen „Normalbetriebes“ gar nicht aufgefallen wären. Wir haben uns in den letzten 30 Jahren systematisch kaputt gespart. Jetzt werfen wir die Gelddruckmaschine an, jetzt steht plötzlich für jeden „Mist“ Geld zur Verfügung, aber es fehlt an jenen Kapazitäten, die das „Doing“ sinnvoll gestalten könnten.

Kennen Sie die europäische Datenschutzverordnung, die DSGVO? Sie ist ein in der Welt bisher einmaliges gesetzgeberisches Werk, um das uns viele Länder dieser Erde offensichtlich beneiden. Aber nicht in der Pandemie! Man hat Regelungen gefunden, die unter dem Normalbetrieb weitgehend sinnvoll sind, aber im Sonderfall einer Pandemie jedes digitale Projekt zu Fall oder ins Stolpern bringt. Wir stehen uns damit selbst im Wege. Hoffentlich lernen wir daraus!

Schauen Sie mal in die Schulen! Dort arbeiten nach meinen Informationen nahezu alle Lehrer und sonstigen Funktionsträger einer Schule auf ihrem privaten Laptop. Das ist nach der Datenschutzverordnung nicht zulässig. Auf dem privaten Laptop stehen die Namen der Schüler, die Notendetails, Vermerke, die sonst im Klassenbuch erfasst werden. Diese Daten werden dann um die halbe Welt geschickt, um sich digital hinsichtlich der Noten und Lernfortschritte mit anderen Lehrern abzustimmen. Das läuft nicht über eine gesicherte VPN-Leitung, die Informationen fliegen wie eine Postkarte (für jeden einsehbar, der es will) über das Word Wide Web.

Die Ausrüstung von Schülern mit angemessener Technik war ein großes Thema. Ich erinnere mich, gehört zu haben, dass da Milliarden in Aussicht standen. Aber auch Lehrer benötigen eine qualitativ hochwertige Ausrüstung und es ist Aufgabe des Arbeitgebers, diese mit Arbeitsbeginn bereitzustellen. Darüber schweigen die Medien. Die Hardware ist aber nicht alles. Ein Rechner des Arbeitgebers sollte zumindest für jede Schule auch ein passendes Softwarepaket, eins für den Schüler und ein kompatibles für den Lehrer, bereitstellen, in dem die Arbeitsstrukturen und Anwendungen sowie die Speichermedien vereinheitlicht sinnvoll fixiert sind. Da die Hardware nach einer gewissen Zeit der Nutzung sicherlich an andere Schüler weitergegeben wird, muss sichergestellt werden, dass nur ein „bereinigter“ Rechner bei dem neuen Schüler landet. Dafür gibt es m.E. keine Kapazitäten. Oder soll hier der Hausmeister (der praktische Alleskönner) eine Aufwertung seiner Arbeit erfahren? Hoffentlich gegen ein angemessenes zusätzliches Salär.

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