CO2 – Zertifikate – was ist das?

Die Bundesregierung ist wahnsinnig stolz auf die „marktwirtschaftliche“ Umsetzung der Idee der CO2 –Zertifikate. Erst ein Studium des Eckpunkte-Papiers lässt die Konstruktion dieser Zertifikate erkennen. Die Zertifikate starten mit einem Festpreis von zehn Euro ab 2021. Davor passiert gar nichts, weil man wohl meint, man brauche so lange, um hier eine gesetzliche Grundlage schaffen zu können.

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Dieser Festpreis steigt dann über die Jahre bis 2025 auf fünfunddreißig Euro. Danach erst wird eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die von Jahr zu Jahr geringer wird. Gleichzeitig wird der Preis je Tonne administriert (35 – 60 Euro maximal). Das ist der Knackpunkt: Heute verbraucht Deutschland ca. 800 Mio. Tonnen CO2; welcher Verbrauch im Rahmen der Klimaziele für 2030 anzustreben ist, verschweigt das Eckpunkte-Papier – aber gerade hier wäre doch für jedermann erkennbar, welcher „Druck auf dem Kessel“ lastet.

In den Jahren bis 2026 ist die Menge CO2 nicht beschränkt. Zwar werden nur so viele Zertifikate ausgegeben, wie jährlich Tonnen Co2 in der Vergangenheit in die Luft geblasen wurden. Es gibt aber die zulässige Möglichkeit, dass sich die deutsche Wirtschaft mit Zertifikaten anderer europäischer Länder versorgt, sollte die deutsche Menge an Zertifikaten nicht ausreichen, um den deutschen Bedarf zu decken. Das heißt im Klartext: wenn im kommenden Jahr Zertifikate aus dem Ausland dazugekauft werden, übersteigt der CO2-Ausstoß die heutige Menge von 800 Mio. to um x Prozent. Bis wir dann endlich in die „Puschen“ kommen, kann es sehr gut sein, dass in einem guten Konjunkturjahr noch einmal 100 Mio. to hinzukommen. Erst in 2026, also in 7 Jahren, werden wir dann von der erreichten neuen Höhe uns auf das zulässige Maß in 2030 herunterhangeln müssen. Das tut richtig weh! Es wird gezielt der schmerzvolle Teil der Operation in die Zukunft geschoben.

Weiterhin sagt das Papier nichts aus über die jährliche Verringerung der maximalen Emissionsmenge ab 2027. Es sind, gut gerechnet, dann nur noch 4 Jahre bis 2030, d.h. in jedem Jahr müssten von der dann bestehenden Differenz jeweils 25% in jedem Jahr eingespart werden. Das ist vermutlich nicht durchsetzbar. Da das Referenzziel in 2030 nicht klar definiert ist, droht die Politik wieder den Weg des kleinsten Widerstands zu gehen und lieber die Klimaziele platzen lassen als sich für eine politisch schwierige Lösung zu engagieren.

Wenn die maximale Emissionsmenge (als Deckel) rasch herabgesetzt wird, entsteht absehbar ein Schwarzmarkt für Zertifikate: der maximale Festpreis von 60 Euro wird dem Staat bezahlt, um dann das überaus knappe Zertifikat am schwarzen Markt unter der Hand für ein Vielfaches zu verkaufen. Es wird ganz schnell Firmen geben, die das schlichte Geschäftsmodell „Vermitteln von Zertifikaten“ professionell nutzen werden. Der amerikanische Goldrausch im vorletzten Jahrhundert erscheint dagegen als „Pillepalle“ (A. Merkel).

Wie wirkt die Maßnahme? So wie es Autofahrer gibt, die aus dem Autofahren eine Ideologie machen und auch dann noch Autofahren wollen, wenn der Spritpreis durch die Decke geht, so gibt es auch Unternehmen, deren Führung die 10 Euro pro Tonne abdrücken und weitermachen wie bisher. Sie wollen die Zeichen an der Wand partout nicht sehen. Es liegt ja auch ein Systembruch vor: Das Klimapaket ist im Prinzip langfristig angelegt (etwa auf 30 Jahre und mehr) und die Unternehmensführung wird i.d.R. auf Vierteljahresergebnisse verpflichtet. „Es ist schwer, einen Mann dazu zu bewegen, etwas zu verstehen, wenn die Höhe seines Gehaltes davon abhängt, dass er es nicht versteht.“ (Upton Sinclair)

Was geschieht mit den Finanzen? Im ersten Schritt werden bei 800 Mio. to CO2 aus den Zertifikatverkäufen 8 Mrd. Euro in die Kassen der Bundesregierung fließen. Wenn der Zertifikathandel das gewünschte Ergebnis einer Reduktion auf z.B. 500 Mio. to sicherstellen kann, dann fließen ab 2030 jährlich immer noch 30 Mrd. Euro aus den Zertifikatverkäufen in die öffentlichen Kassen.

Versuchen wir eine Zusammenfassung auf Grund von vorsichtigen Schätzungen:

2021   10 Euro pro Zertifikat bei 800 Mio. to                                        €    8.000.000.000

2022   20 Euro pro Zertifikat bei 780 Mio. to                                        €  15.600.000.000

2023   25 Euro pro Zertifikat bei 760 Mio. to                                        €  19.000.000.000

2024   30 Euro pro Zertifikat bei 750 Mio. to.                                       €  22.500.000.000

2025   35 Euro pro Zertifikat bei 745 Mio. to                                        €  26.075.000.000

2026    60 Euro pro Zertifikat bei 730 Mio. to (gedeckelt)               €  43.800.000.000

2027    60 Euro pro Zertifikat bei 672,5 Mio. to (gedeckelt)           €  40.350.000.000

2028   60 Euro pro Zertifikat bei 615,0 Mio. to (gedeckelt)            €  36.900.000.000

2029   60 Euro pro Zertifikat bei 557,5 Mio. to (gedeckelt)            €  33.450.000.000

2030   60 Euro pro Zertifikat bei 500,0 Mio. to (gedeckelt)            €  30.000.000.000

Summe                                                                                                               €275.675.000.000

Der Zertifikathandel wird in der Zeit von 2021 bis 2030 schätzungsweise € 250 bis 300 Mrd. Euro den öffentlichen Kassen zuführen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die ersten Einsparungen aus dem Überfluss bedient werden können. Danach geht es Schritt  für Schritt ans Eingemachte. Deshalb sinkt bis 2026 die mögliche Einsparung pro Jahr. Ab 2027 sinkt die bereitgestellte Zahl der Zertifikate jeweils um 25% der Differenz zum angenommenen Ziel von 500 Mio. to.

Auch nach 2030 wird eine anhaltende Zuweisung in der Größenordnung von 30 Mrd. jährlich abnehmend bis 2050 weiterhin zufließen. Die Summe über die folgenden 20 Jahre von 2030 bis 2050 ist nicht sinnvoll zu schätzen. Über 2050 hinaus wird jede Schätzung kritisch, weil das Ziel der Klimaneutralität erreicht sein müsste und darüber wird sich die Welt so stark verändert haben, dass heute jede Aussage nur falsch sein.

Und was hat das Klimakabinett bis 2030 seinen Wähler versprochen: ein Klimapaket in der Größenordnung von 50 – 54 Mrd. Euro bis 2030. Wo steckt denn die Differenz? Eine vorsichtige Schätzung macht Abschläge, aber doch nicht 80% des geschätzten Aufkommens. Hier fehlt ein wesentliches Stück Information!

Als weitere Frage bleibt, wo diese Finanzen verwaltet werden. Sind sie Gegenstand des regulären Haushaltsplans mit allen Rechten und Pflichten oder wird hier – wie schon öfters versucht – eine „Kasse“ eröffnet, die im Wesentlichen nur der Regierung zugänglich ist, ohne parlamentarische Kontrolle und ohne die Kontrolle der Rechnungshöfe. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass diese „Töpfe“ so riesig sind, dass Begehrlichkeiten entstehen – dem ist vorzubeugen.

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