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Aussagen der Politik zur Ökologie – zunehmend Humbug

Harry G. Frankfurt empfiehlt das Wort Humbug anstelle des kräftigeren „Bullshit“ zu setzen, um das gleiche auszusagen. Er meint, es sei höflicher und harmloser. Nun will ich nicht harmloser sein, aber etwas in mir verbietet den Begriff „Bullshit“ bei schriftlicher Kommunikation zu verwenden – m.a.W. er kommt mir angesichts der politischen Aussagen zur Ökologie leider viel zu oft über die Lippen.

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Egal, mit wem man spricht, jeder schüttelt mit dem Kopf, wenn es um die Generationenfrage geht, wie soll es weiter gehen? Ist das angeblich unverzichtbare Wirtschaftswachstum die Lösung dieser Frage? Die Mehrzahl der Bürger folgt (ohne besondere ökonomische Kenntnisse) ihrem ganz natürlichen Instinkt: So kann es nicht weiter gehen! Und diese Mehrzahl steht damit im Widerspruch zu den Aussagen unserer Regierung.

Nichts auf dieser Welt wächst in den Himmel, das wissen die Bäume am besten, aber die Ökonomie träumt immer noch davon, dass es möglich sei, das sogenannte Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Wenn das den Bäumen gelänge, so würden sie in den Himmel wachsen. Ich habe aber noch keinen solchen Baum gesehen, der es trotz Dünger und guter Pflege je geschafft hat.

Jeder Physiker winkt ab, wenn man ihn auf ein Wachstum ohne Ressourcenverbrauch anspricht. Nur die Ökonomen sind eifrig dabei, den Mythos zu pflegen, ohne ihn mit Inhalt füllen zu können. Ihre windigen Argumente liefern der Politik den Vorwand, behaupten zu können, ein „grünes“ Wachstum sei möglich und zu erreichen.

Es wurde auf der politischen Ebene bisher riesige Anstrengungen unternommen und enormes Geld der Steuerzahler in sogenanntes „gründes“ Wachstum gesteckt. Es ist ein politisches Problem. Die Energiewende soll durch den Einsatz von erneuerbaren Energiequellen umgesetzt werden. Es wurden Milliarden in diesem Markt versenkt, aber die Zahlen zum CO2 – Ausstoß wollen einfach nicht sinken. Die lange Zahlenreihe zum CO2-Verbrauch weist in Folge des Abbaus der alten DDR-Industrie und deren industriellen Dreckschleudern für die Zeit 1990 bis etwa 2000 einen Rückgang aus. Diese Tatsache wurde als großer Erfolg der Klimapolitik und der Energiewende gefeiert. Heute sind wir wieder deutlich in einem höheren Verbrauch. Wann war dann nochmals ein Rückgang zu verzeichnen? In der Finanzkrise, als eine Reihe von Unternehmen ihre Leistungen stark zurückgefahren haben oder ihren Geschäftsbetrieb sogar aufgeben mussten. Aber schon im Folgejahr stieg der Ausstoß wieder auf das alte Niveau (und darüber hinaus).

Könnte es nicht sein, dass die Idee, den Wandel unseres Wirtschaftens (allein) über die Technologie erreichen zu wollen, ein grundsätzlicher Fehlgriff ist? Der Technologieansatz hat politisch natürlich seinen Charme. Die Technologie sind nicht wir. Technologie ist eine Sache, die nur richtig eingefädelt werden muss und schon ist der Erfolg gesichert. Wir, die eigentlichen Verursacher, können uns da fein raushalten. Das ist ein riesiger Trugschluss, den uns die Politik und die Ökonomie als ihr dienstbarer Knecht verkaufen wollen. Hierzu soll ein (zugegeben einfaches) Beispiel die Zusammenhänge versuchen zu erklären:

Angenommen, wir verfügen über eine neue Technologie, die in einem Wirtschaftssektor eine Ressourceneinsparung von 25% ermöglicht. Das wäre für sich genommen ein enormer Schritt in eine technologiegetragene Zukunft. Nehmen wir ein in diesem Sektor tätiges Unternehmen, das diese Technologie erfunden hat und anwendet. Die Rohstoffmengen und -kosten sind durch die Anwendung der Technologie (der Einfachheit halber) um 25% gesunken. Das Unternehmen produziert also deutlich ressourcenschonender als zuvor und verfügt dadurch in seinem Markt aus der 25%igen Kostensenkung über einen zusätzlichen Deckungsbeitrag. In einem ersten Schritt bleibt der Preis gleich, nur die technischen Faktorkosten sind um 25% gesunken.

Das könnte man als einen Beitrag zur Nachhaltigkeit betrachten, weil knapper Rohstoff nachhaltig eingespart wird. Die positiven Auswirkungen dieser Technologie bleiben den anderen Marktteilnehmern aber nicht verborgen. Insbesondere die zusätzliche Deckungsbeitragssteigerung ruft im Markt bei den Wettbewerbern Begehrlichkeit hervor. Andere Unternehmen des Marktsegments steigen mit derselben oder einer leicht abgewandelte Form der eingesetzten Technologie ein und werfen ihre Produkte auf den Markt. Wegen des tendenziellen Überangebots entsteht Wettbewerb. Der zusätzliche Deckungsbeitrag gibt ja auch Raum für einen Preiskampf. Am Ende des Preiskampfes sind alle Unternehmen auf einem Preisniveau, das etwa 25% unter dem alten Niveau liegen wird, d.h. die Einführung der effizienteren Technologie hat das Preisniveau gesenkt und die Unternehmen haben bei gleicher Absatzmenge etwa 25% ihres vormaligen Umsatzes verloren.

Aber die Gesamtsituation hat sich – bis hierher – ökologisch verbessert – weniger Ressourcenverbrauch und konsequenterweise auch weniger CO2-Ausstoß! Nur haben wir die Rechnung ohne die Unternehmen gemacht, die eine Umsatzeinbuße von besagten 25% nicht klaglos wegstecken. Sie werden alle politischen und manipulativen Hebel in Bewegung setzen und versuchen, die Absatzmengen zumindest so weit zu erhöhen, dass der Umsatzeinbruch ausgeglichen werden kann. Sofern ihnen das gelingt, war die ‚gute‘ Technologie ökologisch ein ‚Schuss in den Ofen‘ – von wegen Ressourceneinsparung!? Man nennt eine solche Entwicklung einen ‚Rebound‘. Diesen Vorgang kann man als Leitlinie für alle technologischen Ansätze zur Lösung der Wachstumsfrage verwenden. Es gibt immer wieder interessante Ansätze, die aber insbesondere dann, wenn sie wirksam werden, regelmäßig durch einen sogenannten Rebound-Effekt in ihrer Wirkung für den CO2-Verbrauch verpuffen.

Niko Paech, Professor in Siegen und ein Vertreter der Postwachstumsökonomie, bezeichnet den beschriebenen Vorgang als Produktivitätsfalle, weil immer dann, wenn eine neue Technologie Ressourceneinsparungen ermöglichen, steigt die Produktivität des Prozesses. Es kann damit billiger produziert werden, aber der dann einsetzende Preiskampf um die erhöhten Deckungsbeiträge führen dazu, dass die Preise sinken und damit die kapitalistischen Propagandamaschine zu laufen beginnt, um die Umsatzeinbuße durch erhöhte Absatzzahlen zumindest wieder auszugleichen. Wenn die Aufholjagd grundsätzlich unterbunden werden könnte, so hätten wir einen Fall von „Degrowth“, denn das Wachstum wäre dann negativ (wenn es so etwas semantisch überhaupt gibt). Und jede neue Effizienz steigernde Technologie, die wir einsetzen könnten, hätte einen vergleichbaren Effekt. Der Ressourcenverbrauch würde sich langsam, aber stetig reduzieren. Das System des Kapitalismus sieht aber die Möglichkeit, eine Aufholjagd zu unterbinden, nicht vor. Vielmehr lebt dass System von dieser Aufholjagd. Sie ist gewissermaßen sein Treibsatz.

Niko Paech kommt deshalb zu der Auffassung, dass der gesamte technologiegestützte Ansatz des „grünen“ Wachstums u.a. auch aus den obigen Gründen keinen Erfolg haben kann, obwohl die Politik quer durch alle Fraktionen und gestützt durch die Mainstream-Ökonomie dieser Chimäre nachläuft wie einem „Rattenfänger von Hameln“. Viele vermuten, dass irgendwas nicht stimmen kann (die Zahlen und Ergebnisse dieser Entwicklungsstrategie sind auch nach über 20 Jahren einfach zu schlecht), aber man kann mit dieser Wahnsinnsidee trotzdem viel Geld verdienen und die ökonomische Maschinerie wunderbar am Laufen halten – leider zum Nachteil künftiger Generationen.

Auffällig bei dieser Betrachtungsweise ist der Versuch, die Menschen, die letztlich das Problem verursachen, bei der Diskussion um sinnvolle Lösungen herauszuhalten. Solange der Fokus auf der Technologie liegt, erwarten wir eine Lösung, bei der wir Menschen nicht beteiligt werden müssen. Die Technologie wird es schon richten. Wir, die Akteure in diesem Spiel, scheinen in der glücklichen Lage, unser Verhalten nicht ändern zu müssen.

Wenn wir diese Technologie bezogene Haltung aufgeben würden und uns klar machen, dass wir, die Akteure, unser Verhalten verändern müssen (auch wenn uns vielleicht die eine oder andere Technologie eine Brücke bauen kann), dann ist der von Niko Paech vertretene Ansatz zur Postwachstumsökonomie eine durchaus diskussionswürdige Alternative. Insbesondere, weil Niko Paech inzwischen deutlich konkretere Vorstellungen über die wirtschaftlichen Folgen des Postwachstumsszenarios entwickelt hat. Dabei wird deutlich, dass dieser Ansatz durchaus Hand und Fuß hat. Offen bleibt aber in jedem Fall die Prognose, wie der Wandel (der Prozess des Übergangs) vonstattengehen könnte.

Paech kann, so mein Eindruck, aufgrund der Erfordernis einer völligen Umkehr des übersteigerten Konsumdenkens außer der Einsicht und Vernunft leider keinen hinreichenden Grund finden, warum die Mehrzahl der Bürger die Ideologie des Konsums aufgeben und sich von der ‚Befreiung‘ vom Konsum anstecken lassen sollten. Er ist wohl bei der anzustrebenden Verhaltensänderung auf den absehbaren Crash unseres Wirtschaftssystems (das ‚Desaster‘) angewiesen. Selbst wenn es heute schon gute Gründe für die Notwendigkeit einer ‚Befreiung‘ gibt, wird die Sorge um Einkommen und Status viele Menschen daran hindern, sich freiwillig und bewusst auf das Wagnis einer Postwachstumsökonomie einzulassen.

Die Postwachstumsökonomie zeigt unter dem Begriff „Wachstumsgrenzen“ genügend gute Gründe auf, warum unser Wirtschaftsmodell des „Immer schneller, immer höher, immer weiter“ an sein Ende kommen wird. Neben den bekannten ökologischen Grenzen, der erkennbaren Erschöpfung von vielen, für unser Wirtschaftssystem unentbehrlichen, aber nicht substituierbaren Rohstoffen kommt auch der Mensch selbst an seine natürlichen Grenzen: wir wollen die wachsende Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen nicht länger tolerieren. Der Massenkonsum frisst uns psychisch – wir haben gar nicht mehr die Zeit, die Dinge, die wir kaufen oder kaufen sollen, wirklich zu nutzen oder zu genießen. In den letzten zehn Jahren hat sich der Verbrauch von Pharmazeutika zur Behandlung von Depressionen vervielfacht.

Das sollte eigentlich genügen, um zu erkennen, dass das „Weiter so“ keine realistische Alternative ist. Der Wandel wird also entweder durch ein Desaster (einen Zusammenbruch) eingeleitet oder durch die vernunftgesteuerte Erkenntnis einer Mehrzahl von Menschen erreicht, die so nicht weitermachen wollen. Ob dabei die Alternative der Postwachstumsökonomie die einzig mögliche Alternative darstellt, bleibt abzuwarten. Zumindest ist sie eine denkbare Entwicklung, die dem ‚Design‘ als einem geplanten Wandel eine gewisse Chance gibt. Das ‚Desaster‘ sollten wir versuchen uns zu ersparen.

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Ist unsere Strafverfolgung unabhängig?

Der Automobilskandal wurde durch die US-amerikanische Strafverfolgung öffentlich gemacht. Wäre es nach deutschen oder europäischen „Regeln“ der Strafverfolgung gelaufen, wüssten wir heute noch nicht, wie und in welchem Umfang hier eine ganze Industrie den Kunden oder Verbraucher vorführt. Eine Razzia bei BMW vor wenigen Tagen und in USA greift die Strafverfolgung zu und verkündet prozessuale Maßnahmen. Die deutschen Kunden warten heute noch auf eine Entschädigung.

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Hier ist nicht einmal erkennbar, dass es zu dem Ziel einer Entschädigung überhaupt Untersuchungen gibt. Ist unser in der EU geltendes Recht so schwach, dass es hier keine Zähne besitzt? Oder muss man davon ausgehen, dass hinter den Kulissen die Politik ihre Finger im Spiel hat, um den von ihr gehätschelten Automobilsektor „vor Schaden“ zu schützen? Begreift denn die Politik nicht, dass sie dabei auf den falschen Gaul setzt? Wird es angesichts der Folgen von Industrie 4.0 in zehn Jahren noch eine starke Automobilbranche geben? Wir werden sicherlich mobil bleiben, aber ob dabei die Automobilbranche noch einen mit heute vergleichbar hohen Anteil haben wird, erscheint sehr fraglich.

Facebook hat nach Medienberichten über 50 Mio. User-Daten u.a. an ein privates Spionageunternehmen verkauft. Sicherlich nicht für ein „Vergelt’s Gott“ und hat  offensichtlich unsere Gesetze verletzt. Die Justiz der USA ist VW mit voller Breitseite in den Rücken gesprungen und hat ein Szenario aufgebaut, das VW veranlasste, immerhin einen Betrag von über 20 Mrd. Euro abzudrücken, um der weiteren Strafverfolgung zu entgehen. Was macht unser frisch gekürter Justizminister? Er will mit Facebook „Gespräche führen“ und Facebook hat darauf natürlich sofort Gesprächsbereitschaft angeboten – was denn sonst, wenn man die US-amerikanische Vorgehensweise im Hinterkopf hat. Was müsste passieren? Anklageerhebung, Ermittlungen und Hausdurchsuchungen (der Rechtsbruch ist Fakt und der Verursacher ist bekannt), Fixieren von Unterlagen, Festsetzung von erkennbaren Beteiligten, Abschöpfen des unrechtmäßig erworbenen Umsatzes – nichts von alle dem passiert, also ob der eklatante Rechtsbruch eine Bagatelle sei.

Die Wirtschaft entzieht Facebook inzwischen zumindest vorübergehend ihr Vertrauen, indem sie ihre Werbeaufträge aufkündigt. Das hat aber mit dem Rechtsverfolgung nichts unmittelbar zu tun. Die Unternehmen wollen nur vermeiden, mit Facebook in eine Reihe gestellt zu werden.

Es gibt ein beachtliche Zahl von Stimmen, die der Auffassung sind, wir seien eine Bananenrepublik, in der die Politik je nach Gusto in die Strafverfolgung eingreift, um darauf Einfluss zu nehmen, was strafbar wird. Der Richter ist unabhängig und durch das Grundgesetz geschützt, aber die Ermittlungsbehörde, der Staatsanwalt, der jetzt von Staats wegen ermitteln sollte, ist weisungsgebunden. Und wo kein Kläger (Staatsanwalt), nützt auch der unabhängige Richter wenig.

Nachtrag (08.04.2018): Das Verhalten und die Zielrichtung der Politik in Bezug auf Facebook wird durch den nachfolgenden Youtube-Beitrag von Dirk Müller besser nachvollziehbar: https://www.youtube.com/watch?v=CHXqiiCZSbM

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P&R – das Debakel eines Schönwettermodells

Drei Gesellschaften der P&R – Gruppe sind insolvent (AZ: 1542 IN 726/ 18 ff.). Die verbleibenden Gesellschaften der P&R – Gruppe haben keinen Insolvenzantrag gestellt und sind deshalb wohl unverändert ‚werbend‘ tätig. Es geht um etwa 50.000 Anleger, deren Investitionen mit ca. 3,5 Mrd. Euro im Feuer stehen. Dabei ist vieles noch unklar. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat seinen Auftrag angenommen und hat zur Verstärkung offensichtlich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse hinzugezogen.

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P&R wurde 1975 gegründet und der Gründer verstarb vor einiger Zeit. Das Geschäftsmodell ist also in seinen Grundzügen über 40 Jahre alt und galt aufgrund der langen Existenz in der Branche als seriös. Das Anlegermodell ist relativ einfach: Der Anleger kauft eine bestimmte Zahl von Containern (egal ob neu oder gebraucht) und schließt gleichzeitig mit einer P&R-Gesellschaft einen Mietvertrag ab, der es der P&R erlaubt, diese Container im eigenen Namen und eigene Rechnung auf dem Weltmarkt zu vermieten. Die Container sind aufgrund von Nummern grundsätzlich identifizierbar. Der Anleger erhält eine im Vertrag fixierte Miete pro Tag garantiert, unabhängig davon, ob der Container herumsteht oder vermietet ist. Die Miete wird i.d.R. vierteljährlich nachschüssig ausgezahlt.

Wo liegen die Risiken und wer trägt sie? Der Anleger wird Eigentümer von eine Reihe von Containern, die er bezahlt und deren Verwaltung er vertrauensvoll in die Hände von P&R gibt. Was sollte er auch mit den Containern sonst machen? P&R unterhält auch deshalb eine Infrastruktur, um die Container weltweit überwachen und vermieten zu können. Sie hatte aufgrund der Mietpreisgarantie dafür zu sorgen, dass einerseits die Container nicht verloren gehen und ggfs. repariert werden (daher musste der jeweilige Mieter eine Versicherungsprämie bezahlen) und anderseits die Container regelmäßig ‚in Miete‘ sind. Man hat als Anleger keinen Einblick in die Kostenstruktur bzw. in die Mietpreisstruktur des Weltmarktes. Man darf aber davon ausgehen, dass dieses Modell, das dem Anleger in den besten Jahren Brutto-Renditen (vor Abschreibung auf die angeschafften Container) bis zu ca. 14% zuspielte, auch P&R mit guten Erträgen versorgte.

Container waren insbesondere in den Anfangsjahren knapp und die Mieten erfreulich hoch. Das hat sich mit den Jahren entspannt. Dann kam die Krise mit den Schiffskapazitäten: Die Betreiber von KG-Modellen (oder auch Schiffsbeteiligung genannt) haben ohne Rücksicht auf den Markt Schiffe produziert, die, wenn sie dann nach einer relativ langen Projekt- und Bauzeit fertig waren, keine Verwendung mehr fanden. Diese Krise riss viele Reedereien (nicht nur die Betreiber der KG-Modelle) in die Insolvenz. Möglicherweise hat sich auf dem Containermarkt ähnliches abgespielt. Dadurch hat sich der Containermarkt so stark entspannt, dass die Mietraten gefallen sind. Dabei fällt aber auf, dass bei P&R die operativen Gesellschaften nicht insolvent sind. Diese Erkenntnis führt die obigen überschlägigen Überlegungen teilweise ad absurdum. Die dargestellte Gedankenkette trifft wohl nicht die Realität. Dann bleiben immer noch sogenannte unternehmerische ‚Dummheiten‘, die dazu führen können, dass ausgerechnet die Servicegesellschaften rund um das Container-Kerngeschäft insolvent werden.

Was könnte das für die Anleger bedeuten? Er ist unverändert Eigentümer von eine Reihe von Containern, die irgendwo in der Welt hoffentlich Mieten verdienen. Dann teilt sich aber die Spreu vom Weizen: Wenn man über einen Vertrag mit der P&R Vertriebs- und Verwaltungsgesellschaft GmbH verfügt, ist der Vertrag Gegenstand der Insolvenzverfahrens. Wenn man über einen Vertrag mit der P&R Transport Container GmbH verfügt, bewegt man sich (noch) außerhalb des Konkursverfahrens, weil diese und andere Gesellschaften unverändert aktiv sind. Die Mieteinnahmen können grundsätzlich von den nicht insolventen Gesellschaften vereinnahmt werden ohne automatisch der Insolvenzmasse zugeschlagen zu werden. Auch die bisher in 2018 erfolgten Auszahlungen wurden von letzterer Gesellschaft vorgenommen. Aber mehr lässt sich aus den Meldungen und den Verträgen nicht herauslesen.

Diese hier diskutierte Anlageform ist Teil des Grauen Marktes. So wie die Schiffsbeteiligungen werden sie als unternehmerische Beteiligungen eingestuft, obwohl außer dem Eigentum alle unternehmerischen Entscheidungen abgegeben bzw. in andere Hände gelegt werden. Das hat zur Folge, dass immer dann, wenn sich die Marktverhältnisse verändern, der ‚richtige‘ Unternehmer handeln würde. Der unternehmerische Anleger, selbst wenn er es versteht, kann aber nicht handeln, weil er seine diesbezüglichen Rechte über die Vertragslaufzeit aufgegeben hat. Also handelt ein Beauftragter, der aber nur Direktiven besitzt, wie er den Fall bei ‚Schönwetter‘ zu bearbeiten hat. Deshalb ist der unternehmerische Anleger sein eigener Gefangener und das unternehmerische Etikett eher als Marketing wirksamer Schwindel zu bezeichnen. Die steuerliche Beurteilung erfolgt auf einem anderen Blatt.
Nachtrag (28.3.2018):
Die einsetzenden Recherchen der Medien fördern wenig Neues zutage. Klar wird, dass die Annahme, der Containermarkt hätte mit dem Schiffsmarkt gelitten, nicht richtig ist. Eher wird das Gegenteil vertreten – der Markt boomt. Der Eigentümer von P&R ist nicht zu erreichen – man spricht davon, er sei untergetaucht. Es gibt viele Fragezeichen, weil es durchaus möglich erscheint, dass die Insolvenz der drei Gesellschaften durch relativ einfache Mittel hätte abgewendet werden können. Alles das spricht dafür, dass das eingetreten ist, was ich als „unternehmerische Dummheiten“ bezeichnet habe, um nicht gleich ohne Nachweis von Veruntreuung, Betrug und ähnlichem Delikten sprechen zu müssen. Es bleibt spannend!

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Donald Trump und der Primat der Politik ?

Die europäischen Gazetten sind sich einig: Donald Trumps Auftreten ist fragwürdig, sein Führungsstil zweifelhaft und seine Persönlichkeit wird als hochgradig narzisstisch umschrieben – also insgesamt nach den in Deutschland verbreiteten Meinungen eine eher unmögliche Figur auf dem internationalen politischen Parkett. Soweit – so gut! Wir erleben aber in dem Präsidenten der USA auch eine Person, die einen ganz anderen Durchbruch geschafft hat: Seine Beratungsresistenz scheint dem Primat der Politik wieder Geltung verschafft zu haben.

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Er schert sich nicht um die Meinung der Wirtschaft, er schert sich nicht um die internationale Gemeinschaft, er schert sich auch nicht um die ideologische Dogmatik, wie mit dem Markt umzugehen sei – er handelt oder er versucht zu handeln, soweit es die ‚Checks and Balances‘ der amerikanischen Strukturen zulassen. Mit anderen Worten: sein egomanes Selbstverständnis bricht mit vielen eingefahrenen Konventionen, soweit sein begrenztes Verständnis von Politik reicht. Ob dieses Vorgehen zu einem Erfolg führt, bleibt abzuwarten.

Sein politisches Vorgehen ist so völlig anders als wir es in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. Die Politik hat sich angewöhnt, verbindlich auf leisen Sohlen daher zu kommen. Man könnte auch den Eindruck gewinnen, die Politik hat in dieser Zeit an Einfluss verloren. Der Primat der Politik ist Schritt für Schritt aufgegeben worden. Horst Seehofer hat einmal in einer schwachen Minute in ein Mikrofon sinngemäß den Satz gesagt: „Die, die gewählt sind, haben nicht zu entscheiden und die die entscheiden, sind nicht gewählt.“ Diese Erkenntnis reduziert den Spielraum der Politik.

Wenn man das Verhalten der Automobil-Bosse im unsäglichen Dieselskandal beobachtet, so muss man sich fragen, wer vertritt denn eigentlich den Wähler, der durch die zahllosen zulassungsgefährdeten Dieselfahrzeugen objektiv geschädigt ist: Hier wäre doch der Primat der Politik, die Herren einzubestellen, ihnen klar zu machen, wo der ‚Bartel den Most holt‘, um dann, wenn keine angemessene Reaktion kommt, politischen Druck auszuüben. Das ist nicht passiert oder es wurde in den Hinterzimmern der Macht so dezent wahrgenommen, dass sich die betroffene Industrie weiterhin in Untätigkeit hüllen kann. Die Politik tut so, als ob sie der Dieselskandal gar nichts angehe. Können Sie sich vorstellen, wie aufgeregt die Politik hyperventilieren würde, wenn die betrügerischen Verluste aufgrund der Abgasprobleme den Kapitalmarkt oder gar die Aktionäre (also die Besitzenden) massiv treffen würden. Die ‚Märkte‘ wären in ‚Gefahr‘!! Aber die Politik begreift nicht, dass ihre Wähler in Gefahr sind, diesen Mummenschanz nicht länger zu tolerieren. Die Politik hat offensichtlich nicht einmal eine gemeinsame dezidierte Meinung zu dem Sachverhalt entwickelt.

Es gibt jetzt zahlreiche kleine Anbieter von technischen Lösungen, zu denen die Automobilindustrie sich offensichtlich nicht fähig sieht. Aber es braucht den politischen Willen, Zulassungen und Zertifizierungen kurzfristig zu definieren und letztlich muss die Politik ihre Funktion als ‚Volksvertreter‘ dahingehend wahrnehmen, dass sie eine Lösung der finanziellen Seite unmissverständlich fordert und einleitet. Wenn nicht die Damen und Herren Volksvertreter, wer dann sollte die Interessen der Diesel fahrenden Wähler aufgreifen? – Vielleicht irgendein amerikanischer Rechtsanwalt gegen Abtretung von 90% der erzielbaren Ansprüche? Das wäre ein Armutszeugnis für das deutsche Justizsystem! Das System ist in der ‚glücklichen‘ Lage, dass der im Einzelfall erzielbare Gewinn des Rechtsanwalts angesichts der Arbeit zu klein und für den Anwalt damit uninteressant ist.

Ein anderer Gesichtspunkt, der den Primat der Politik so schwach erscheinen lässt: Mies und Wernicke haben dem Begriff einer Fassadendemokratie ein ganzes Buch gewidmet (Mies, Wernicke (HG): Fassadendemokratie und tiefer Staat, Wien, 2017) (https://www.rubikon.news/artikel/die-wahrheit-uber-die-demokratie). Dabei beschreibt die Fassadendemokratie ein heruntergekommenes Demokratiesystem, das zwar noch alle Rituale einer funktionierenden Demokratie wahrnimmt, aber die wirklichen Entscheidungen fallen außerhalb der demokratischen Öffentlichkeit und werden dann mediengerecht verkündet. Eine Fassadendemokratie ist autoritär ausgestaltet und es ist die Kunst der öffentlichen Meinungsmanipulation, dem Wähler das Gefühl zu geben, ihre Wahlentscheidung wäre für das Herrschaftssystem wichtig.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir zumindest teilweise in einer Fassadendemokratie leben, so erhebt sich die Frage: Wo sitzen die Entscheider, deren Beschlüsse dann durch die Politik ‚salonfähig‘ gemacht werden müssen? Es sind die sogenannten „Eliten“, wobei sich der Elitenbegriff der Einfachheit halber auf das Eigentum reduzieren lässt. Eine repräsentative Demokratie ist das Vehikel, wo sich Elemente einer Demokratie (das gefällt den Wählern) und die Eigentumsgarantie (das ist das Elitenziel) zusammenlaufen. Diese stark verkürzten Ausführungen lassen aber ahnen, warum der Primat der Politik der demokratisch gewählten Regierung abhandengekommen ist. Die Elite ist nicht gewählt, sie ist Elite nicht aufgrund einer besonderen demokratischen Haltung oder Einstellung, sondern ausschließlich aufgrund ihres Vermögens. Und dafür tun sie alles, um es zu mehren. Jede Maßnahme, die den Status quo der Vermögen dieser Klasse auch nur in Frage stellen könnte, nimmt die Elite zum Anlass, ihren geballten Einfluss auf die Öffentlichkeit wahrzunehmen. Das erfolgt nicht direkt (das würde ja die Deckung aufheben), sondern über die Medien und über die Jahre wurden sie zu einer überaus wirksamen Waffe geformt. Unsere Medien stehen im Eigentum von fünf oder sechs Personen, die zum Kreis der Besitzeliten zählen und es ist doch nicht zu weit hergeholt, dass die Medien von dieser „Elite“ gezielt genutzt werden, um Haltungen, Einstellungen und Meinungen in die breite Masse zu transportieren.

Zurück zum scheinbaren Primat der Politik bei Donald Trump. Trump zählt wie die meisten führenden Köpfe der US-Administration zum Kreis der Besitzelite. Seine Strategie von „America first“ ist nicht neu, steht aber in enger Verbindung zu seinem unternehmerischen Credo: „Trump first“. Trump wurde gewählt von den ‚Abgehängten‘ des mittleren Westens. Seine Versprechen, die er diesen Wählern gegeben hat, werden von ihm versucht umzusetzen, aber die anderen Elitenmitglieder achten akribisch darauf, dass negative Einflüsse auf die Vermögen und die Macht der Eliten verhindert werden. Man könnte dieses Spiel als abgekartet bezeichnen. Trump macht den Präsidentenkasper, versucht möglicherweise ehrlich einen Rest seiner Glaubwürdigkeit zu erhalten, aber die anderen Elitenteilnehmer (egal ob Demokraten oder Republikaner) sorgen dafür, dass sich die versprochenen Maßnahmen nicht negativ auf ihre Vermögen auswirken. Der erhoffte Primat der Politik erscheint deshalb recht hohl und ist wohl mehr der Persönlichkeit des Amtsinhabers geschuldet als einem neuen Verständnis von Politik.

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Systematische Unaufrichtigkeit?

Die amerikanische Justiz hat vor einigen Monaten fünf VW – Manager zur weltweiten Fahndung ausgeschrieben. Im gleichen Atemzug berichteten die Zeitungen, dass eine Auslieferung durch Deutschland nicht in Frage komme. In etwas kleineren Lettern wird darauf hingewiesen, dass auch die deutsche Justiz sich mit Fragen des Abgasskandals und ihrer rechtlichen Aufarbeitung befasst.

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Da unser System der Aufarbeitung durch Staatsanwälte immer von dem guten Willen der Politik abhängig ist (die Staatsanwaltschaft ist weisungsgebunden und nur die eigentliche Justiz repräsentiert die dritte Säule unseres Staatsaufbaus), muss sich bei jeder brisanten Erkenntnis die Staatsanwaltschaft rückversichern, ob der Vorgang auch politisch getragen wird. Je weniger aber von dem Verfahren an die Öffentlichkeit dringt, desto leichter kann die Politik Einfluss auf das Verfahren nehmen. Dieser Weg ist beim amerikanischen Vorgehen durch die massiv hergestellte Öffentlichkeit schwieriger oder sogar verschlossen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die deutsche Justiz in den nächsten zwanzig Jahren um die Sache kümmert.

Solche Betrachtungen haben auch immer mehrere Seiten. Die Politik hat zur Bewertung von der umwelttechnischen Fahrzeugabgasqualität Grenzwerte eingeführt. Die sollten eigentlich für alle gelten. Was macht die Autoindustrie? Sie schließt sich mehrheitlich zusammen und entwickelt keine Motoren, die die Grenzwerte einhalten, sondern entwickeln ein Verfahren, wie man unter günstigsten Bedingungen die Abgaswerte so misst, dass sie scheinbar eingehalten werden und verkauft diese Vorgehensweise den staatlichen Stellen als Standard. Und die staatlichen Einrichtungen machen sich zum Büttel der Industrie und übernehmen stillschweigend die Vorgehensweise und verraten damit das Vertrauen des Verbrauchers und des Wählers.

Die Automobilindustrie sieht darin eine quasi öffentliche Zustimmung zum Verfahren, um mit den so ermittelten Werten ihre Automobile besser verkaufen zu können, von denen sie weiß, dass sie im täglichen Gebrauch nie die Grenzwerte eingehalten werden. Wie darf man das nun nennen? Betrug oder organisiertes Verbrechen oder Bildung einer kriminellen Vereinigung? Was ist mit dem volkswirtschaftlichen Schaden, der durch diese Vorgehensweise der Gesellschaft entstanden ist? Die USA haben sich diesen Schaden von VW mit immerhin rd. 20 Mrd. Euro abgelten lassen. In Deutschland (und in der EU) ist man sich noch nicht so recht schlüssig, ob man nicht (wie so oft) Arbeitsplätze gegen Schadenersatz aufrechnen soll. Ethisch vertretbar ist ein solches Vorgehen nicht – es ist eine systematische Unaufrichtigkeit, ja ein Rechtsbruch und eine Missachtung der rechtlich gleichen Behandlung.

Frontal21, eine Fernsehsendung des ZDF, hat sich die Frage gestellt, ob und inwieweit die öffentlichen Stellen in diesem Abgasskandal verwickelt sind. Die dort veröffentlichten Dokumente und das Verhalten der betroffenen Politiker und Verwaltungsmitglieder lassen wenig Spielraum, davon auszugehen, hier wäre alles mit rechten Dingen zugegangen. Es ist nur überaus schwierig, einen weisungsgebundenen Staatsanwalt zu motivieren, die Exekutive oder gar die Politik auf den rechtlichen Prüfstand zu stellen. Dazu braucht es einen ‚alten‘ Staatsanwalt, der seine Karriere schon hinter sich hat und der vielleicht noch eine Rechnung mit seinem Arbeitgeber und/oder der Politik  offen hat; der es sich also leisten kann, diesen Fall ohne Karrierebruch zu überstehen. Das Problem wäre nur die Zeit – ein ‚alter‘ Staatsanwalt hat selten noch 10 Dienstjahre, um diesen Fall über alle Hürden zur Anklage zu bringen.

Man spricht in politischen Kreisen gerne über Wachstum und seine gesellschaftlich-ökonomischen Bedeutung. Das durch den Abgasskandal ausgelöste ‚negative‘ Wachstum (durch den Wertverlust der davon betroffenen verkauften Automobile) weltweit taucht in keiner Diskussion auf – aber es ist ein Faktum. Das Wachstum, eine der heiligsten Kühe unserer Politik, für die wir viele, meist überflüssige Opfer bringen, wird durch das Verhalten eines Teils der Industrie massiv in Frage gestellt und die Politik traut sich nicht, dass öffentlich und klar zu sagen. Von einem notwendigen ‚Handeln‘ ist keine Spur zu entdecken.

Verschiedene Fernseh-Berichte machen jetzt deutlich, dass dort, wo sich die hehre Automobilindustrie nicht in der Lage sieht, die Grenzwerte einzuhalten, steigen nun flexible, relativ kleine Unternehmen ein, um zu einem Preis von etwa 1.500 Euro eine marktfähige Lösung des Problems zu präsentieren. Die Frage ist nur, wer zahlt diese Summe? Das Problem liegt natürlich in der Höhe der zu veranschlagenden Gesamt-Summe. Die 20 Mrd. Euro, die durch VW in USA abgedrückt wurden, decken bei Umstellungskosten von 1500 Euro pro Diesel-PKW nur rd. 13.333 PKW. Und das reicht wohl nicht für den europäischen Markt. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die US-amerikanische Vereinbarung eine Nachforderungsklausel enthält, die dann zum Zuge kommen würde, wenn die Europäer besser gestellt werden würden. Eine solche (nicht belegbare) Vertragsklausel würde zumindest mit der gegenwärtig besonders offensiv vertretenen Haltung „America first“ gut harmonieren.

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Ricardo und sein Freihandelsmodell

Viele Kritiker der theoretischen Ökonomie sind der Auffassung, dass die Aussagen dieser „Wissenschaft“ ziemlich dünn sind. Mit David Ricardos theoretischen Freihandelsmodell  habe ich vor rd. 40 Jahren mein Examen im Nebenfach Volkswirtschaftslehre erfolgreich bestanden. Wir haben uns – soweit unsere Kritikfähigkeit gereicht hat – mit den Annahmen über die verwendeten Kurven gestritten (linear, konkav oder konvex) und sind damals zu keinem tragfähigen Ergebnis gekommen.

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Nun wurde das Theorem von der ‚Anstalt‘ im ZDF aufgegriffen. Mit wenigen gezielten Worten hat die Kabarettistin Anny Hartmann das Modell von David Ricardo, das den Vorteil des Freihandels begründen soll, elegant an die Wand gefahren: Nicht die fragwürdigen Kurvenannahmen machen das Modell verdächtig, nein – die implizit unterstellte Immobilität des Kapitals ist der springende Punkt. Leider habe ich in Gesprächen nach der Sendung feststellen müssen, dass die Zuhörer die Ausführungen zwar verbal verstanden haben, aber die Tragweite für die ökonomische Theorie nicht erkennen können.

Zudem ist David Ricardo (1772 – 1823) nur den gelernten Ökonomen und vielleicht noch den Philosophen bekannt. Ricardo war ein kluger Kopf. Er hat eine Situation beschrieben, die zu seinen Lebzeiten eine gewisse Relevanz besessen haben mag. Die heutige Situation des Freihandels bildet das Modell nicht mehr angemessen ab. Damit ist mit diesem Modell die Vorteilhaftigkeit eines Freihandels nicht mehr darstellbar. Neue und gar bessere Beschreibungen der bestimmenden Zusammenhänge sind mir nicht geläufig.

Mit dieser Aussage sind auch die uns Wählern gerne vorgeführten positiven Effekte eines Freihandelsabkommen nicht mehr aufrecht zu erhalten. TTIP hat sich von selbst erledigt. CETA und vergleichbare Großverträge zugunsten der Konzerne entbehren dadurch jeder wirtschaftlich nachvollziehbaren Begründung. Wenn die Frage aufgeworfen wird, welche ‚bahnbrechenden‘ Vorteile denn durch die Freihandelsabkommen erwartet werden können, so lautet die simple Antwort: Die Ergebnisse solcher Untersuchungen zeigen keinerlei Vorteile auf breiter Basis.

Die einzigen, die von dieser Art Freihandelsabkommen deutlich profitieren, sind die Initiatoren (die Konzerne), weil durch die als Freihandel apostrophierten Regelungen erreicht wird, dass alle nationalen Regeln und Eigenarten aufzulösen sind. Der sich ergebende konsumtive globale Einheitsbrei lässt dann keine Alternativen mehr zu. Die Kosten der Konzerne werden dadurch entlastet (und die Gewinne erhöht), weil individuelle (nationale) Lösungen nicht mehr zugelassen werden. Die Märkte werden dadurch vereinheitlicht und sparen den globalen Playern Geld. Dem Kunden und Verbraucher bleibt nur die Möglichkeit, sich dem ständig reduzierten Einheitsmassenangebot anzupassen.

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Feinstaub und seine Folgen (2)

Heute soll das Bundesverwaltungsgericht über die Konsequenzen aus den Feinstaubrichtlinien des Bundes und der Länder entscheiden. Ohne den konkreten Bescheid abzuwarten, kann jetzt schon festgestellt werden, dass eine Art Zeitenwende eingetreten ist. Seit vielen Jahren werden wir als Käufer von der Automobilindustrie an der Nase herumgeführt. Die Abgas- und Verbrauchsdaten unserer Automobile entsprachen noch nie der Wirklichkeit. Sie waren ständig und systematisch zu niedrig ausgewiesen und sind im täglichen Gebrauch der Fahrzeuge oft doppelt so hoch.

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Es ist bedauerlich, dass diesen Missstand ausgerechnet die US-amerikanischen Behörden zu Anlass nahmen, das deutsche Flaggschiff VW anzugreifen und offensichtlich nachwiesen, dass der Käufer im amerikanischen Markt betrogen wurde. VW hat sich bereiterklärt, in USA über 20 Mrd. Euro als eine Art Schadenersatz zu leisten. Die europäischen Käufer hat VW einfach übergangen und glaubt, mit einem blauen Auge davon zu kommen. Diese Vorgehensweise hat Methode. Die Politik ist der Automobilindustrie noch nie an die „Karre“ gefahren. Man gewinnt eher den Eindruck, dass die Exekutive im Auftrag der Politik beide Augen zugedrückt hat, wenn es darum ging, das gängige Betrugsverfahren der falschen Verbrauchs- und Abgaswerte fortzuführen. Und die Gesundheit der Bürger und Wähler weiter aufs Gröbste zu gefährden. Dieses ganze Geflecht mafiöser Lobby-Beziehungen zwischen nationaler Politik, der EU, der Exekutive und der europäischen Automobilindustrie wurde nun von dritter Seite her „leichtfüßig“ aufgerollt: Die Umwelt-Hilfe hat ganz schlicht Klage erhoben und fand verständige und unabhängige Richter. Die Lobbyisten glaubten alle am Betrug Beteiligten im Boot und unter Kontrolle, nur die einfache Flanke der Klage musste offen bleiben. Dabei hoffte man, dass die Bürger zu träge sein werden, hier zu zuschlagen. Mit der Umwelt-Hilfe hat man scheinbar gar nicht gerechnet.

Praktisch werden aber die möglichen Fahrverbote nicht die Einschnitte herbeiführen, die das Gesetz strikt verlangen würde: Die Umstellung des Fahrzeugparks der Handwerker und der Zulieferer wird  letztlich Jahre dauern. Die in der Praxis wahrzunehmenden Ausnahmen vom Fahrverbot, um die Versorgung der Städte aufrecht zu erhalten, werden das hoffentlich scharfe „Schwert“ des Gesetzes abmildern und wenn wir nicht aufpassen, werden die vielen Einwendungen und Unbequemlichkeiten die Menschen dazu veranlassen, ihre Gesundheit weiter auf Spiel zu setzen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert ergänzende Maßnahmen, und da traue ich der Politik nicht über den Weg. Dazu sind zu viele Automobilseilschaften im politischen Umfeld unterwegs, die den richtigen Ansatz des Rechts in einen falschen drehen können. Es müssen in Folge des Entscheides des Bundesverwaltungsgerichts enge Termine durch die Politik fixiert werden, bis zu denen die Umstellungen erfolgt sein müssen. Das kann nicht der Sankt Nimmerleinstag sein.

Die Automobilindustrie hat viele Probleme, die sie noch nicht in voller Härte spürt:

  • Falsche Abgaswerte (Entschädigung aller Kunden wegen Wertverlust)
  • Falsche Verbrauchswerte (Entschädigung aller Kunden wegen Wertverlust)
  • Parkplatzprobleme in den Innenstädten der Metropolregionen (bewusster Verzicht auf PKW)
  • Stauzeiten zur Rushhours in den Metropolregionen (bewusster Verzicht auf Pkw)
  • Autonomes Fahren (Veränderung der Mobilität, kein Statussymbol mehr, keine Unfälle mehr, bessere Ausnutzung des Automobils (Effizienz in der Nutzung): weniger Pkw, weniger Parkraum, Mieten statt Kaufen )
  • E-Mobilität (weg vom fossilen Brennstoff, Bau einfacherer Automobile,)
  • Digitalisierung (komplett veränderte Produktionsstrategien, deutlich weniger Personal, absehbarer Wegfall von Kaufkraft)

Alle diese Probleme wird die Industrie mit Hilfe ihrer Lobbyisten nutzen, um Einfluss zu behalten und sich als eine ‚gebeutelte‘ Industrie darstellen, die unbedingt Hilfen der Politik benötigt. Viele unserer alten Industrien stehen auf der Kante: Energieversorger, Lebensversicherer, Banken, Zigarettenindustrie, um nur einige zu nennen. Allen ist eigen, dass ihre Zeit abläuft bzw. andere Formen gefunden werden müssen, um Überlebensfähigkeit überhaupt demonstrieren zu können.

Es fällt überaus schwer, Sachverhalte zu finden, die für den Bestand der Automobilindustrie in ihrer jetzigen Form sprechen. Keine Frage, es wird weiterhin Pkw geben, aber nicht mehr in der Zahl, an die die Kapazitäten der Industrie gewohnt sind. Damit steht diese Industrie vor ihrem kompletten Umbau. Die schwerfälligen Konzernstrukturen und die Börsen werden den Konzernen wenig Spielraum für Kreativität lassen: produktive Kreativität (Neuerfindung) und ‚Quarterly Profitreporting‘ schließen sich systemisch aus. Da stehen andere Start-ups in den Startlöchern, die sich schneller (weil kleiner) und besser (weil wendiger) an die neue Situation anzupassen verstehen.

Mit dem Heranrücken der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tauchen plötzlich ‚wilde‘ Vorschläge zur Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs auf. Wild deshalb, weil man sich fragt, wer hat diese Überlegungen lanciert und warum sie erst jetzt in den Medien aufgetaucht. Das Problem war doch ein Problem ersten Ranges: Wenn die Autos aus den Innenstädten ausgesperrt werden, müssen die Menschen trotzdem zu ihren Arbeitsplätzen. Also kann das nur der ÖPN leisten oder das Fahrrad in seinen verschiedenen Ausprägungen. Aber funktioniert dieses Ansinnen? Heute schon sind die Züge des ÖPN zur Rushhours überfüllt. Heute schon ist das System Park & Ride an vielen Stellen überlastet. Unabhängig von der jeweiligen Metropolregion.

Wenn nun – unterstellt – in einer Metropolregion täglich 2 Mio. Pendler per Pkw einpendeln und davon würden 1 Mio. Pendler durch Fahrverbote ausgesperrt, so müssen diese Pendler auf den ÖPNV wechseln. Auf diesen Ansturm ist das ÖPN-System nicht eingerichtet. Wenn dann auch noch davon geträumt wird, dass der ÖPNV für den Nutzer kostenfrei gestaltet wird, explodiert das System. Sinnvoller wäre es, den Preis auf 50% des gegenwärtigen Preisniveaus herabzusetzen. Dann würde wenigstens der Zuwachs an Nutzern die zusätzlich entstehenden Kosten auffangen können und bei 50% Preisreduktion und einem sinnvollen Sozialtarif sollte eine sinnvolle Mischung von günstiger Preisgestaltung und praktikabler Anwendung herauskommen können.

Das Ganze löst aber nicht die Kapazitätsfrage. Es erscheint nicht realistisch, zu erwarten, dass die S-Bahnen über eine so große Zahl von Ersatzwaggons verfügen, um durch Zugverlängerungen einen Teil der Menschenmassen aufnehmen zu können. Hierzu findet man aber leider in den Medien keine vernünftigen Beiträge, bei denen man das Gefühl entwickeln kann, da redet einer über ÖPNV, der weiß, von was er spricht!

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Feinstaub und seine unerwarteten Folgen

Die Umwelt-Hilfe hat es als Verein geschafft, die Politik zum Handeln zu zwingen. Die Politik tut sich unendlich schwer, dort ‚zubeißen‘ zu müssen, wo es offensichtlich den Unbelehrbaren wehtun wird. Es ist ein Skandal, dass die Politik ihre eigenen Vorgaben zu Lasten ihrer Wähler vernachlässigt und ignoriert, nur weil die industrielle Gegenseite, die die Politik zwar teilweise finanziert , aber nicht wählt, regelmäßig mit dem Verlust oder der Verlagerung von Arbeitsplätzen droht.

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Das Traurige daran ist das mangelnde Selbstvertrauen der Politik in die Vorzüglichkeit der in Deutschland geschaffenen Infrastrukturen. Ein Unternehmen wird es sich dreimal und dann nochmal ernsthaft überlegen, ob es Arbeitsplätze in ein Land verlagert, das diesen Standard nicht zu bieten hat.

Was hat die Umwelt-Hilfe besser begriffen als die anderen NGOs? Es ist m. E. das erste Mal, dass es einer NGO gelungen ist, die Vertreter einer bräsigen, eher unwilligen Politik richtig vorzuführen. Sobald der Politik eine Konfrontation mit den sogenannten Geld-Eliten droht, werden ihre eigenen Standards wissentlich ignoriert. Aber das ist nicht der Punkt, auf den ich hinaus will. Das kritisieren schon viele andere mit mehr Sachkenntnis.

Mich interessiert die Vorgehensweise oder nennen wir es die Strategie der Umwelt-Hilfe. Es gibt zahllose NGOs. Die meisten verfügen über eine Portion guten Willens und vertrauen auf ihre Kommunikationsfähigkeit und von Zeit zu Zeit auf die Macht der Straße. Andere Optionen sind nur selten Gegenstand ihres Selbstverständnisses. Foodwatch macht es ähnlich, wie die Umwelt-Hilfe, nur sind die Bestimmungen, die unsere Inhaltsstoffe beim Essen regeln, soviel weicher und schwächer formuliert, dass es meist nicht bis zu einer Klage bzw. Verurteilung reicht. Die Nahrungsmittel-Industrie ist versucht, es nie zu einem Urteil kommen zu lassen, das gegen ihre Interessen laufen könnte. Man ist bestrebt, keine Präzedenzfälle aufkommen zu lassen, auf die sich andere Gerichte beziehen könnten.

Was machen Umwelt-Hilfe und Foodwatch (und sicher auch einige andere NGOs)? Sie machen ein Stück weit den Job der Staatsanwaltschaften, die insbesondere dann, wenn es um ein Fehlverhalten der Exekutive geht, sich schwer tut zu ermittelt. Und unser Rechtssystem ist so aufgebaut, dass die Sachverhalte, bei denen die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermittelt, sehr eingeschränkt sind. Will man in einer Sache Recht gesprochen haben, so braucht es einen Kläger und es braucht eine nachweisbare Beschwer (z.B. einen Schaden) beim Kläger. Und es braucht in aller Regel Geld, insbesondere dann, wenn der Fall ungewöhnlich ist und viel Vorbereitung benötigt, um die Fakten so aufzubereiten, dass das Gericht die Tragweite des Falls (über den Einzelfall hinaus) erkennt und die Klage zulässt.

Die Umwelt-Hilfe hat nun gezielt im Umweltbereich nach Sachverhalten gesucht, zu denen der Gesetzgeber klare Regeln entwickelt hat, bei denen aber Regel und tägliche Lebenswirklichkeit seit Jahren weit auseinanderklaffen. Das geht so lange gut, bis sich jemand findet, der diese Diskrepanz zum Anlass nimmt und eine Klage anstrengt. Würde es diesen „Jemand“ nicht geben, würde die Diskrepanz weiter ungeniert ‚zum Himmel stinken‘. Es würde keine staatliche Stelle beim ‚Kadi‘ vorstellig werden und auf den Missstand hinweisen und damit das „eigene Nest beschmutzen“ – so würde man das wohl in den Kreisen der Verwaltung sehen. Hier kommt der außerparlamentarischen Opposition eine ganz wichtige Rolle zu.

Gewöhnlich ist unsere Verwaltung bemüht, kleinere Ungereimtheiten im Vorfeld zu regeln, aber in diesem speziellen Fall sieht sich die Verwaltung nicht in der Lage, den Verursacher zur Ordnung zu rufen. Der Sachverhalt war von seiner Tragweite her ein Fall für die Politik. Und die duckte sich unverständlicherweise weg. Sie hätte mit einer in unserem Lande mächtigen Autoindustrie ein Machtwort sprechen müssen und das ist seit Jahren überfällig.

Selbst jetzt wurden jämmerliche Geldbeträge ausgelobt, mit denen die betroffenen Städte „etwas machen“ sollen (kein Mensch weiß so recht was). Nicht die Autoindustrie – die Städte sollen etwas machen, da macht man den Bock zum Gärtner! Scheinbar kann man den Städten und ihren Bürgern mehr zumuten als der börsennotierten Autoindustrie – die „Märkte könnten ja beunruhigt werden“: In was für einer idiotischen Welt leben wir eigentlich? Die eine Milliarde, die die Städte zur Verfügung gestellt bekommen, stammen nicht von der Autoindustrie (das wäre eigentlich logisch), nein, sie sind der Beitrag der Steuerzahler zur Unfähigkeit der Autoindustrie, mit den Abgasen ihrer Produkte vernünftig umzugehen. Die nicht erreichten Feinstaubwerte gibt es doch nicht erst seit gestern, sondern sie gelten in vielen Fällen seit zehn und mehr Jahren.

Man kann an die NGOs nur eine Bitte richten: Analysiert den Fall, den die Umwelt-Hilfe für ihren Interessensbereich erfolgreich aufgegriffen hat, versucht die essentiellen Fallstrukturen zu finden und sucht dann in euren ganz eigenen Aufgabenbereichen nach vergleichbaren Strukturelementen, um sie aufzugreifen, von fähigen Juristen prüfen zu lassen und ggfs. vor das jeweils zuständige Gericht zu bringen. Wenn es nicht so spektakulär gelingt wie bei der Umwelt-Hilfe, so denkt euch nichts dabei, man kann nicht immer nur den ersten Platz beanspruchen. Das ist in meinen Augen eine Strategie, mit der man eine unverantwortliche Politik in einer Weise bloßstellen kann, die einmalig ist. Was daraus wird, werden die nächsten Jahre zeigen.

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Schwarze Listen

Schwarze Listen sind der Ausdruck von politischer Hilflosigkeit. ‚Schwarze Listen‘ werden immer dann einführt, wenn man diffus drohen will. Erst steht niemand auf der Schwarzen Liste, denn man weiß gar nicht, welche Eigenschaften ein Kandidat für einen Platz auf solch einer Liste haben muss. Mit einer Ausnahme: Die schwarzen Schafe aus den Reihen der EU dürfen keinesfalls erfasst werden. Notwendig wäre eine klare Folge von Bedingungen, wer wann auf die Liste soll oder muss, unabhängig ob EU oder Drittstaat. Genauso muss es eine klare Bedingung geben, wann man von dieser Liste wieder gestrichen wird.

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Eine ‚Schwarze Liste‘ muss transparent sein – es muss für jeden informierten Bürger möglich sein, die Bedingungen öffentlich einzusehen und zu verstehen. ‚Schwarze Listen‘ haben immer auch eine Reihenfolge (erster Platz, zweiter Platz …). Nach welchen Kriterien bestimmt sich diese Reihenfolge? Eine transparente Politik dürfte eine ‚Schwarze Liste‘ erst dann ins öffentlich Gespräch bringen, wenn diese einfachen Fragen eine befriedigende Antwort gefunden haben. Es ist einfach nicht fair, mit intransparenten Mitteln zu arbeiten.

Wenn die notwendige Transparenz fehlt, fragt man sich in einer Gesellschaft, in der Geld nahezu alles bewegt, wo dann die Korruption beginnt? Welche Summe Geldes kostet es den potenziellen Kandidaten, ein Erscheinen auf der Liste erfolgreich zu verhindern? (Hat Panama möglicherweise nicht genug bezahlen wollen – denn ‚Panama Leaks‘ ist ein Sachverhalt, der  mindestens sechs Monate alt ist?) Wenn ein Erfassen in der Schwarzen Liste unvermeidlich ist, folgt die nächste Frage: was würde es kosten, nicht auf Platz eins, sondern z.B. erst auf Platz zehn der Liste zu erscheinen?

Lieber Leser, Sie halten das für unanständig? Da haben Sie absolut Recht – aber können Sie ausschließen, dass die Darstellung nur ein Hirngespinst ist? Kurz vor Weihnachten wurde Panama aufgrund der (mind. sechs Monate alten) „Panama Papers“ in die Liste übernommen. Große mediale Zufriedenheit im bundesdeutschen Blätterwald! Keiner fragte sich, aufgrund welcher Kriterien das Land seinen Weg auf die Liste fand? Es reicht doch in einem sich rechtstaatlich begründenden Raum der Europäischen Union nicht aus, dass aufgrund einer medial erfolgreichen Vor-Untersuchung über die Machenschaften einer Rechtsanwaltskanzlei in Panama dieser Staat kurzerhand auf die sogenannte ‚Schwarze Liste‘ kommt.

Ich möchte gerne wissen (und ich denke auch andere Bürger dieses Landes), was sind die Kriterien gewesen? Denn erst dann, wenn die Kriterien klar gefasst sind, kann ich erwarten, dass, in diesem Fall von Panama, gewisse Maßnahmen ergriffen werden, um künftig den Ausstiegskriterien zu genügen, um wieder von der Liste gestrichen zu werden. So wie das heute aussieht – mal schnell Panama auf die Liste packen, um  zu Weihnachten der EU-Politik eine gute Presse zu sichern. Dann wird Mitte Januar aufgrund eines dubiosen Briefes der panamaischen Regierung ohne verbindlichen Inhalt (er kann ja keinen verbindlichen Inhalt haben, weil die Kriterien nach wie vor unklar sind) das Land wieder von der Liste genommen. Können Sie sich vorstellen, dass dieser Vorgang Phantasien einer Korruptionsaffäre und Schmierenkommödie aufbrechen lässt? Wenn dann unser kommissarischer Bundesfinanzminister vor die Mikrofone tritt und mit der größten Selbstverständlichkeit in dürren Worten die wenig plausiblen Zusammenhänge unter den Tisch bügeln will, dann sollte man ganz besonders scharf nachdenken!

Man kann den Gedanken auch weiterspinnen. Schwarze Listen für Länder oder Nationalstaaten im Zeitalter der ‚Globalisierung‘ sind nicht zielführend, weil der Einfluss der Nationalstaaten eher begrenzt ist. Schwarze Listen für Banken wären aber ein Schritt in die richtige Richtung, um der Politik mit Hilfe der Öffentlichkeit wieder den Primat zukommen zu lassen. Es gibt genügend Finanzprodukte und Finanzstrategien der Banken, die z.B. gegen die Gemeinschaft und gegen die Gesellschaft bzw. gegen deren Vermögen gerichtet sind oder auf Zusammenbruch spekulieren. Wer diese Strategien verfolgt und propagiert, rutscht quasi automatisch auf eine Schwarze Bankenliste und erst, wenn dieses Geschäftsmodell nachweislich nicht mehr wahrgenommen wird, kann nach einer Prüfung eine Streichung von der Liste erfolgen. Man kann die Wirkung der Schwarzen Listen noch erhöhen: Wer trotz der Aufnahme in die schwarze Liste mit dem betreffenden Institut auf dem entsprechenden Sektor Geschäfte macht, verwirkt das Recht, an öffentlichen Investitionsausschreibungen und deren Finanzierung teilzunehmen. Dieser Druck setzt genau da an, wo diese Institute ihre Stärken auf dem Finanzmarkt sehen. Es bleibt auch die Frage, ob dann der Markt nicht doch empfindlich reagiert und dem moralischen Aspekt, der sich ja konkret in Geld ausdrücken würde, eine Wirkung einräumt.

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Grundeinkommen und Steuern

Ausgangspunkt für die folgenden Ausführungen sind zwei Youtube- Beiträge: einmal Richard David Precht im Gespräch mit Michael Hirz über „Digitalisierung und Grundeinkommen“ (https://www.youtube.com/watch?v=8a-OgbAi2Sg), zum anderen ein Gespräch der Autoren Götz Werner (Eigentümer der DM-Drogeriemarktkette und langjähriger Verfechter des bedingungslosen Grundeinkommens) und den Ökonomen Marc Friedrich und Mathias Welk über ihr gemeinsames Buch: „Sonst knallt‘s – Wirtschaft radikal neu denken“ (im Gespräch mit dem Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung) (https://www.youtube.com/watch?v=NKUntV0cdYg&feature=youtu.be).

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Die Begründungen für ein bedingungsloses Grundeinkommen sind bei beiden Beiträgen mehr oder weniger gleich. Deutliche Unterschiede zeigen sich erst, wenn es dazu kommt, auch das zugrundeliegende Steuersystem (u.a. also die Finanzierung des Grundeinkommens) radikal zu verändern. Es bleiben auch naturgemäß technische Fragen offen, die im Folgenden teilweise aufgegriffen werden. Das bedingungslose Grundeinkommen existiert bisher nur in Umrissen, für die Mehrzahl der Details existiert noch kein allgemeiner Konsens.

Strukturmerkmale des Grundeinkommens

Das Grundeinkommen wird als bedingungslos beschrieben. Jeder hat Anspruch auf das Grundeinkommen. Was heißt jeder? Diese Abgrenzung wird schwierig: jeder deutsche Bürger, jeder Einwohner? Wie lösen wir die Abgrenzung, um zu vermeiden, dass wir einen Zulauf auslösen, der das Projekt konterkarieren würde.

Über die Höhe des Grundeinkommens gibt es erste Ansätze. Ich bin der Meinung, dass hier keine Zahlen genannt werden sollten, weil sich noch so viel verändern kann, dass die Höhe erst dann bestimmt werden wird, wenn die konkreten Rahmenbedingungen geklärt sind. Eine qualitative Aussage sollte möglich sein: das Grundeinkommen muss so bemessen sein, dass es kein Almosen darstellt, man davon leben kann und eine moderate Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht. Die Höhe des Grundeinkommens ist auch von den jeweiligen Auswirkungen des dann anzuwendenden Steuersystems abhängig (hierzu weiter unten).

Das Verhältnis von Grundeinkommen und Arbeitseinkommen muss geklärt werden. Da das Grundeinkommen bedingungslos jedem zusteht, muss bestimmt werden, wie die Unternehmen sich verhalten sollen oder dürfen. Man kann der Auffassung sein, dass künftig das Grundeinkommen und das Arbeitseinkommen saldiert werden. Der Arbeitgeber zieht das Grundeinkommen vom Arbeitseinkommen ab und zahlt nur die Spitze aus. Die Alternative wäre Grundeinkommen und Arbeitseinkommen unabhängig voneinander zu sehen. Beide Vorgehensweisen kann man begründen. Die Frage bleibt, was sind die Auswirkungen für die Wirtschaft und die Gesellschaft?

Wenn das Grundeinkommen und das Arbeitseinkommen saldiert werden, hätte das eine enorme Kosteneinsparung für die Wirtschaft zur Folge. Das wäre ein klarer Wettbewerbsvorteil, wenn diese Saldierung in den Wettbewerbsindustrien sonst nicht wahrgenommen wird. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung mit dem erwarteten Abbau von Arbeitsplätzen ist das aber nicht zielführend. Es hält den Abbau vielleicht temporär auf, hat aber am Ende keinen erkennbarden Nutzen.

Wenn das Grundeinkommen unabhängig vom Arbeitseinkommen ausbezahlt wird (d.h. der Arbeitsgeber darf aufgrund klarer Gesetze nicht saldieren), dann wirkt das Grundeinkommen sich in voller Höhe auf die inländische Kaufkraft aus. Das wäre das primäre Ziel des Grundeinkommens, denn der Abbau von Arbeitsplätzen im Rahmen der Digitalisierung schafft einerseits persönliche Probleme, andererseits wird durch den Kaufkraftverlust der nicht mehr Beschäftigten die Wirtschaft in ernste Bedrängnis gebracht. Das Grundeinkommen kann hier Kaufkraft schaffen und dadurch den möglichen Absturz abfedern. Die vom Arbeitseinkommen unabhängige Gewährung eines Grundeinkommens erscheint damit als die vernünftigere Lösung.

Welchen Umfang hat das Grundeinkommen? Nach allgemeinem Verständnis steht das Grundeinkommen netto abzüglich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zur Verfügung. Diese Beträge sind auf der Grundlage des Grundeinkommens bemessen und werden von jedem Grundeinkommensbezieher gleichermaßen durch die öffentliche Hand abgeführt. Dadurch wird der anzuwendende Beitragssatz sinken, weil sich die Basis der Einzahler deutlich vergrößern wird. Da jeder ein Grundeinkommen bezieht, ist auch die bisher übliche Familienversicherung überflüssig. Das Arbeitseinkommen wird mit dem gleichen Prozentsatz zur Krankenversicherung belegt und wird vom Arbeitgeber mitfinanziert und wie bisher abgeführt. Wem diese Form der Versicherung nicht ausreicht, kann frei entscheiden, ob er sich privat höher versichern möchte. Das Entgelt für die Höherversicherung trägt der Arbeitnehmer.

Es ist nachvollziehbar, dass das Grundeinkommen alle Sozialabgaben außer der Kranken – und Pflegeversicherung ersetzt. D.h. die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung fallen künftig weg und werden durch das Grundeinkommen ersetzt. Wem das Grundeinkommen als Altersversorgung oder als Arbeitslosenversicherung zu gering erscheint, kann auf eigene Kosten eine private Zusatzversicherung abschließen. Es bleibt dann noch die Steuerbelastung der Arbeitnehmer. Diese soll nach den diversen Vorstellungen der Befürworter eines Grundeinkommens durch eine radikale Änderung der Besteuerungsgrundlage ebenfalls wegfallen (hierzu weiter unten), weil eine Besteuerung der Arbeit mittelfristig nicht mehr sinnvoll ist.

Aspekte einer radikalen Steuerreform

Die mit der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens (bGE) geplante Steuerreform sieht vor, dass alle heute bekannten Steuern abgeschafft werden bis auf eine Steuerart, die man ganz allgemein als Umsatzsteuer bezeichnen könnte. Dabei bleibt die Frage, auf welche Transaktionen die Steuer zugreift:

  • Eine Umsatzsteuer kann auf den Konsum zugreifen, ähnlich der gegenwärtigen Mehrwertsteuer. Die gesamte Last der Steuer liegt damit auf dem Teil der Wirtschaft, den man Realwirtschaft nennt. Die Finanzwirtschaft wird nicht besteuert.
  • Alternativ kann man auch auf Transaktionen der Finanzwirtschaft zugreifen und damit die Realwirtschaft von der Steuerlast vollkommen freihalten. Auch dieses Prinzip ist schon lange in der Diskussion (die sogenannte Tobin-Steuer). Ihre Einführung scheitert an der Lobby der Finanzwirtschaft. Ein Zugriff auf finanzwirtschaftliche Transaktionen greift erheblich in die deregulierte Finanzwirtschaft ein und würde die schlimmsten Exzesse dieses Marktes verhindern oder zumindest eindämmen.

Konsumsteuer

Die Abschaffung aller Steuerarten (ca. 44 verschiedene Steuern) bis auf eine Konsumsteuer führt dazu, dass die Steuer extrem hoch anzusetzen sein wird. Wenn die Mehrwertsteuer heute neunzehn Prozent beträgt, so ist eine Konsumsteuer, die auf den Warenwert aufgeschlagen wird, in der geschätzten Größenordnung von fünfzig und mehr Prozent anzusiedeln. Bei vierzig Prozentpunkten mehr (einer Steigerung der Konsumsteuer von neunzehn auf neunundfünfzig Prozent) entspricht das eine Preisniveauveränderung von fast 34% auf einen Zeitpunkt. Der Grund liegt darin, dass die gesamten Ausgaben unseres Staates samt Investitionen, Erhaltungsaufwand der Infrastruktur und der Schuldendienst aus den Einnahmen dieser einen Steuer gedeckt werden müssen. Als Folge werden erhebliche Preissteigerungen durch die Konsumsteuer ausgelöst. Das war vor etwa fünfzig Jahren der Grund, warum Milton Friedman, ein Neoliberaler durch und durch, dem amerikanischen Repräsentantenhaus vorschlug, in den USA ein Grundeinkommen einzuführen. Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und erst in der letzten Instanz, im Senat, abgelehnt. Die künftigen Preissteigerungen, die durch den Steuer-Umbau ausgelöst werden, machen es auch unsinnig, unter heutigen Bedingungen eine voraussichtliche Höhe des Grundeinkommens ernsthaft zu diskutieren.

Unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Verteilung von Nutzen und Lasten hat diese Steuer erhebliche Nachteile. Wer füttert diese Steuer? Schwerpunktmäßig alle Konsumenten, die eine hohe Konsumquote (Konsumanteil am verfügbaren Einkommen) aufweisen. Das ist in erster Linie die untere Hälfte der Einkommenspyramide. D.h. den gesamten Staatsaufbau bezahlen im Wesentlichen jene Bürger, die eine hohe Konsumquote aufweisen, also der ärmere Teil der Bürger. Die Vermögenden, die eine vernachlässigbar geringe Konsumquote aufweisen, können sich dabei ihrer finanziellen Mitverantwortung auf ganz einfache Weise entziehen.

Finanztransaktionssteuer (FTS)

Die Tobin-Steuer als eine Form der FTS geht von einem Steuersatz von deutlich unter einem Zehntel Prozent aus. Bei der Tobin-Steuer ist aber nicht vorgesehen, alle anderen Steuern einzustampfen. Also wird die FTS etwas höher ausfallen müssen, wenn sie, wie oben angeführt, allein alle Ausgaben zum Staatsaufbau tragen soll. Wichtig ist zu verstehen, dass die FTS sich auf die Besteuerung der Finanzwirtschaft beschränkt und in der Realwirtschaft keine unmittelbaren Steuern anfallen werden.

Die FTS greift ausschließlich bei den Banken und vergleichbaren Instituten an, in der Erwartung, dass diese die Wirtschaft i.w.S. (Realwirtschaft und Finanzwirtschaft) mit Finanzmitteln versorgt. Die FTS bezieht sich ausschließlich auf Auszahlungen der Banken und Institute. Sie unterliegen der FTS. Einzahlungen sind steuerfrei, weil einer Einzahlung i.d.R. eine Auszahlung beim Schuldner vorausgeht. Alle Auszahlungen der Institute, egal ob für Konsumzwecke, für Investitionen oder auch nur wegen Vermögensumschichtungen lösen FTS aus. Bargeld, das im Nichtbankensektor verfügbar ist, ist nicht kontrollierbar und spielt größenordnungsmäßig keine wesentliche Rolle. Termingeschäfte und Spekulation werden dann besteuert, wenn die dafür benötigten Mittel von der Bank ausbezahlt werden. Dividenden, Gewinne müssen die Institute gegebenenfalls ausbezahlen und sie unterliegen ab diesem Moment der FTS. Selbst Mafiageld muss hin und wieder transferiert werden. Jede Transferauszahlung, auch von Konto zu Konto innerhalb des gleichen Hauses, löst FTS aus.

Der Leser merkt, dass die Bankinstitute hier eine große Rolle spielen, indem sie die FTS einbehalten und abführen müssen. Sie sind der Dreh- und Angelpunkt der FTS. Eine richtige und angemessene Steuerermittlung lässt sich anhand der Verkehrszahlen der Bankinstitute leicht feststellen und ist jederzeit überprüf- und abstimmbar.

Unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Verteilung von Nutzen und Kosten macht deutlich, dass hier eine ganz andere Klientel zur Kasse gebeten wird. Es sind nicht mehr die konsumierenden Habenichtse, die den Staat finanzieren, sondern diese Steuer wird im Wesentlichen durch die Transaktionen der Vermögenden finanziert.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist der besondere Charakter der Finanzindustrie. Konsum ist räumlich definiert. Das Feld der Finanzindustrie ist deutlich virtueller und damit räumlich schwer einzugrenzen. Wenn hier Belastungen auftreten, könnte es sein, dass das nationale Volumen der Transaktionen rückläufig wird, weil die Konzerne sich dorthin bewegen, wo sie der Belastung entgehen können. Als Folge ist es bei der FTS umso wichtiger, international eine Übereinkunft zu treffen, die bei der Konsumsteuer nicht so ins Gewicht fallen würde.

Es wäre nun interessant und m.E. auch ohne großen Einsatz möglich, das Euro-Volumen der Auszahlungen im Bankensektor pro Jahr festzustellen. Darüber gibt es mit Sicherheit statistisches Zahlenmaterial. Es ließe sich dann relativ einfach abschätzen, welcher Steuersatz der FTS erforderlich ist, um die öffentlichen Haushalte (auch unter Berücksichtigung eines bGE) mit ausreichenden Mitteln zu versorgen. Eine einfache Division der erforderlichen Haushaltsmittel durch das Volumen der Transaktionen im Bankensektor (meinetwegen plus einem moderaten Sicherheitsaufschlag) führt direkt zu einem für jeden Bürger nachvollziehbaren Steuersatz. Ich vermute (kann mich aber täuschen), dieser Satz liegt unter zwei Prozent – also bei einem Steuersatz, der gemessen an dem Aufwand und der Fehlerquote des gegenwärtigen Steuersystems vielen wie ein ‚Crowdfunding‘ erscheinen mag. Das hat den Vorteil, dass die Steuer deshalb leichter umsetzbar ist.

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