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Handele klug und bedenke das Ende

Als dieser (verkürzte) Satz in römischer Zeit formuliert wurde, gab es noch keine Klimakrise und auch keine Gedanken zum Umweltschutz. Alles, was wir heute produzieren, wird zu Müll. Mit der Folge, dass wir schrittweise diesen Planeten zumüllen, weil das Recycling, das uns die Natur zwar vorlebt, aber hinsichtlich der erforderlichen Recycling-Zeit unseren Ansprüchen von „schneller, weiter, höher“ nicht gerecht wird.

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Das Problem hat damit zwei Komponenten:

  • einmal ist die Müllmenge, die wir mit unserem Lebensstil täglich hervorbringen, viel zu groß und
  • zum anderen stammen die natürlichen Prozesse des Recyclings aus einer historischen Zeit, in der die Vorstellung von „schneller, weiter, höher“ für niemanden einen Sinn vermitteln konnte. Die Natur hat seit Generationen bewährte Verhaltensweisen entwickelt, die aber ihrer eigenen Zeitrechnung folgen und sich nicht umso banale Dinge wie Konsum, Geld und kurzfristigen Gewinn kümmern.

Unsere gegenwärtigen Versuche, die Müllmenge einzudämmen, schieben alle Verantwortung dem Verbraucher zu. Das ist in höchstem Maße unfair, denn es wurde gleich zu Beginn der Produktion „unklug“ gehandelt und die Bedenken über das „Ende“ werden einseitig dem Verbraucher aufs Auge gedrückt. Der Produzent ist fein raus, denn diese Sichtweise wird durch das Märchen (man nennt das auch Narrativ) unterstützt, dass ja nur die Produkte hergestellt werden, die der Kunde will.

Die ganze Argumentation ist darauf aufgebaut, das eine Reduzierung des Mülls allein die Aufgabe derer sei, die das Produkt kaufen und sie müssten sich einfach nur einschränken! Gleichzeitig tobt die manipulative Einflussnahme über die Medien, die sicherstellen soll, dass genau das nicht passiert. Da beißt sich die Katze doch in den Schwanz! Die Argumentation ist indiskutabel, menschenverachtend und einfach fies!

Im Folgenden setzen wir jetzt beim Produzenten an und fordern ihn auf: „Handle klug und bedenke das Ende!“. Die Produktion muss also vom Ende her gedacht werden. Und das Ende ist nicht der schöne Schein des Neuen, sondern der ganz profane Müll. Das Ende ist dann erreicht, wenn das Produkt den Weg alles Vergänglichen gegangen ist.

Und wir erwarten künftig von dem Produkt, dass es für sein erfolgreiches Recyclings alle notwendigen Voraussetzungen mitbringt. Wir können von einem Produkt erwarten, dass es so konstruiert ist, dass es in einem wirtschaftlichen Sinne reparaturfähig ist und wenn diese Option nicht mehr gegeben ist, dass das Produkt auch so konstruiert wurde, dass es sortenrein, leicht zerlegbar, mit möglichst wenigen unterschiedlichen Materialkomponenten ausgestattet ist. Ziel muss es sein, dass sich die gegenwärtig niedrige Recyclingrate von jämmerlichen 15% auf mindesten über 50% heben lässt. Dieses Ziel muss schon bei der Projektierung bzw. Konstruktion des Gerätes formuliert sein, sonst ist es für die gesamte Lebensdauer des Gerätes nicht mehr nachzuholen.

Wir alle wissen um den geplanten Verschleiß, den die Produzenten in aller Regel weit von sich weisen. Es ist auch denkbar, dass diese Form des Verschleißes sich auf bestimmte Branchen und Marktsituationen konzentrieren. So hat sich die Automobilbranche in ihrem Segment schon vor Jahren angesichts der damaligen „Rostlauben“ entschieden, dass technischer Verschließ kein Argument für ihre Branche sein darf. Dazu sind die Produkte zu teuer. Man hat deshalb den Weg des „Modellverschleißes“ eingeschlagen. Er lässt den Besitz eines gekauften Wagens durch ständige neue Modellvarianten schnell alt aussehen. Dass diese Strategie funktioniert, lässt sich daran erkennen, dass bei vielen Menschen alle drei Jahre ein neues Auto vor der Tür stehen muss. Die Ausrede, der Leasingvertrag laufe nun mal nur 36 Monate, nehmen wir schmunzelnd zur Kenntnis.

Für andere Branchen kann das anders aussehen. Wenn hoher Wettbewerb herrscht, und man über ein eingeführtes Produkt verfügt, kann es ökonomisch sinnvoll sein, die Lebensdauer, die ursprünglich bei 10 Jahren lag, durch den Austausch eines Teils (künftige Sollbruchstelle) auf – sagen wir – 9 Jahre zu verkürzen. Das merkt der Kunde nicht, der Umsatz merkt es sehr wohl.

Diese Vorgehensweise ist kaum zu unterbinden, aber wenn es einen heilsamen Zwang zur Reparaturfähigkeit der Produkte geben würde, wäre es deutlich schwieriger, diese Strategie durchzusetzen, denn es würde zuerst i.a.R. repariert werden, bevor man sich zum Kauf eines neues Gerätes entschlösse.

Die Tatsache, dass die Reparaturfähigkeit wieder an Bedeutung gewönne, hätte zur Folge, dass neben den reinen Verkaufsstellen mit Laufkundschaft sich wieder ein Netz von Reparaturwerkstätten etablieren würde. Dabei muss klar sein, wenn das Produkt nur 10 Euro kostet, wird es schwierig, Reparaturkosten sinnvoll unterzubringen, es sei denn, man greift zur Eigeninitiative (Subsistenz). Die Reparaturfähigkeit kann also nicht für alles und jedes und insbesondere nicht für Waren unter einem bestimmten Anschaffungsbetrag gelten. Damit würde dann aber auch der Preis ggfs. wieder ein Hinweis auf die Qualität des Produktes liefern, weil dann zumindest Reparaturfähigkeit zugesichert ist und Ersatzteile vorgehalten werden.

Das ganze Spiel funktioniert aber nicht von alleine. Es bedarf einer gesetzlichen Regelung, die einerseits die Reparaturfähigkeit für Waren ab einem bestimmten Preis fordern muss und andererseits sicherstellt, dass am Ende der Gebrauchsfähigkeit des Produktes ein Recycling möglich ist, das nicht durch „unkluge“ Produktionsweise am „Ende“ vereitelt wird.

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Von der Krise her denken!

In der Krise gewinnt man Erkenntnisse, für die in „guten Zeiten“ keine Zeit übrig bleibt. Wenn Corona eine Krise darstellt (und viele nehmen es so wahr), dann ist jetzt die „richtige Zeit“ sich über ein paar einfache Zusammenhänge klar zu werden. Krisen sind unvermeidbar, egal wie hart sie den Einzelnen treffen. Sie sind unvermeidbar, weil wir im Alltagsleben so tun als gäbe es nur Fortschritt, der in so etwas wie „Schneller, weiter, höher“ seinen allgegenwärtigen Ausdruck findet. Wenn das dann nicht mehr klappt, dann gilt der Rückschlag sofort als Krise.

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Die extrem optimistische Fortschritts-Haltung ist im Grund nicht nachvollziehbar, weil nichts in dieser Welt fortwährend wächst. Sogar die Bäume stellen ihr Längenwachstum irgendwann ein, weil die Versorgung eines zu hohen Baumes zu viel Energie kostet und keine weiteren Standortvorteile mehr bringt. Nur die Ökonomen glauben es besser zu wissen und machen aus dem „Schneller, weiter, höher“ ein quasi-religiöses Dogma. Wenn dann doch ein Rückschlag als „schwarzer Schwan“ über die ökonomische Gemeinde hereinbricht, muss das eine Geißel des Markt-Gottes sein. Jeder Vernünftige würde sich fragen, ob da nicht der eine oder andere Denkfehler dahinter steckt.

Solange wir es beim Denken belassen, sind uns keine erkennbaren Grenzen gesetzt. Sobald wir glauben, das Gedachte in die Tat umzusetzen, unterliegen wir den physikalischen Gesetzen und damit den Grenzen, die uns das System setzt, in dem wir leben.

Das ist die gängige Argumentationskette unserer Erzählungen zur Ökonomie. Jetzt haben wir aber mit Eintritt des Corona-Virus ein weiteres Problem: Zum Schutz von Menschenleben wurde von der Politik ein Shut-down verfügt! Wesentliche Teile der globalen und der nationalen Wirtschaft ruhen. Neue nationale Entscheidungen fallen am 15. April gegen Abend.

Die Politik hat sich für einen demokratisch verfassten Staat in einem recht kurzen Prozess durchgerungen, den ‚Shut-down‘ zu beschließen. Er wurde ohne das in der Politik übliche Wenn und Aber entschieden und so kommuniziert, dass die Mehrzahl der Bürger der Entscheidung gefolgt ist. Ob die Entscheidungen in allen Punkten richtig und angemessen waren, werden wir erst in einige Jahren beurteilen können. Wir werden dann auch erkennen, was es bedeutet hat, Verfassungsregeln zumindest temporär außer Kraft zu setzen. Dann wird das aber der Schnee von gestern sein und wir haben uns mit der neu entstandenen Situation zu befassen.

Der disruptive Einschnitt, den wir gegenwärtig erleben und den viele Medien tagtäglich als „krisenhaft“ beschreiben, wird vermutlich so grundsätzlich sein, dass wir nach der „Krise“ nicht davon ausgehen können, dass wir wieder auf dem Niveau aufsetzen können, auf dem der „Shut-down“ eingeleitet wurde. Wir kämpfen m.E. mit zwei (voneinander unabhängigen) Problemen: Die Wirtschaftsentwicklung war schon im 2. Halbjahr 2019 rückläufig und die Wirtschaftsrealisten erwarteten einen Einbruch. In dieser Situation hat der Corona-Virus in Europa zusätzliche Maßnahmen ausgelöst, die den erwarteten Konjunktureinbruch möglicherweise zu einer Rezessionserwartung vertieft haben.

In solchen Situationen treten immer die „Meister des öffentlichen Orakels“ in Aktion. Jeder Experte wird gefragt und jeder muss sich in diesen Tagen durch eine intelligente Antwort hervortun – aber über Wissen verfügt keiner, egal wie gespreizt er seine Meinung kund tut. Die Basis fehlt, die gewöhnlich Verwendung findet, um in ruhigen (kontinuierlichen) Zeiten die Entwicklung unter gewissen Voraussetzungen beschreiben zu können. Alle Modelle, die letztlich auf der Annahme der Kontinuität aufgebaut sind, lassen ggfs. Schwankungsbreiten der Variablen zu, aber je stärker die Schwankungsbreite desto unsicherer die Ergebnisse. „Man würde nicht so schnell auf Vorhersagen hereinfallen, wenn man darauf aufmerksam gemacht würde, dass in den semitischen Sprachen Vorhersage und „Prophezeiung“ mit demselben Wort bezeichnet werden.“ (N. N. Taleb)

Die vorliegende Situation ist alles andere als kontinuierlich; sie ist disruptiv und die Verwerfungen sind so tief, dass sich auch die Strukturen des Systems ändern und niemand kann heute vorhersagen, wie sich die künftigen Strukturen aussehen werden.

Die Gutachten sprießen wie Pilze aus dem Boden und werfen mit Zahlen um sich, über die man sich das Lachen verkneifen muss. Keiner traut sich zuzugeben, dass das alles Kaffeesatz-Leserei ist. Denken Sie bitte an die letzten großen Krisen und die vielen Gutachten mit noch mehr Zahlensalat. Am Ende, als wieder eine kontinuierlichere Entwicklung einsetzte, konnte man feststellen: Die Abweichungen in den unterschiedlichen Gutachten waren horrend. Nicht eine Prognose war in der Lage, eine letztlich durch die tatsächliche Entwicklung bestätigte Zahl zu produzieren. Nach der Finanzkrise 2008/2009 hatte es den „Meistern des öffentlichen Orakels“ für wenigstens 90 – 100 Tage die Sprache verschlagen, um dann wieder verschämt aus der Deckung zu kommen. Heute hängen wir wieder an den Lippen der gleichen „Meister“, deren Methodik sich in nichts geändert hat. Warum sollten die Ergebnisse besser bzw. treffsicherer sein? Und die Ausgangssituation ist nicht ein Zusammenbruch im Bankensektor, sondern ein Shut-down der gesamten Wirtschaftstätigkeit. Es gibt hierzu nicht einmal vernünftig verwertbare Erfahrungen.

Lassen Sie sich nicht von den Durchschnittszahlen an der Nase herumführen! Was sagt denn ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von 5,7% oder über 10% in Deutschland für Sie oder über ihren Arbeitgeber aus? Was können Sie für Ihre Situation daraus lernen? Nichts, außer Panikmache! Wenn Sie oder ihr Arbeitgeber den Shut-down überstehen, ist viel gewonnen. Wenn Sie oder er den Shut-down aufgrund der Branche oder der Eigenart des Geschäftes sogar gut überstehen, haben Sie so oder so kein Grund zur Klage. Dann ist es Ihnen hoffentlich „wurscht“, ob die Wirtschaftsleistung überhaupt und wenn ja, wieviel eingebrochen ist. Für Sie ist das ein guter Start.

Und auch für jene, die nicht das Glück haben, in der Krise zu gewinnen: Sie sind nicht der Durchschnitt, Sie sind ein Individuum und sie müssen sich mit den konkreten Bedingungen ihrer Situation auseinander setzen. Da helfen Zahlen wie minus 5,7 oder gar minus 10% auch nicht weiter- sie demoralisieren, ohne irgendeinen Lösungsweg aufzuweisen. Also kann es Ihnen auch „wurscht“ sein!

Dabei ist schleierhaft, wie diese Schnapszahlen zu Stande kommen. Wenn nichts mehr geht, dann werden die alten vier Grundrechenarten herangezogen. Die tägliche Wirtschaftsleistung in Deutschland (vor dem Einbruch) wird in Beziehung gesetzt, wieviel Tage der Shut-down dauern soll. Dann kann man einen relevanten Ausfall an Wirtschaftsleistung ermitteln, multipliziert diese Zahl mit einer geschätzten Produktivitätszahl (z.B. 40%, denn der Shut-down fährt ja nicht auf Null) und erhält dann den erwarteten geschätzten Verlust an Wirtschaftsleistung durch den Shut-down. Jetzt wird dieser Verlust zur denkbar möglichen Wirtschaftsleistung in Bezug gesetzt und man erhält eine Prozentzahl, z.B. 5,7% oder ca. 10 % in Abhängigkeit von der Dauer des Shut-downs. Diese Methoden-Darstellung erhebt nicht den Anspruch, die gelieferten Zahlen herzuleiten, sie dienen nur der Demonstration einer Ermittlung, weil wesentlich andere Grundlagen gegenwärtig gar nicht zur Verfügung stehen und die Anwendung von viel Mathematik zwar Eindruck schindet, aber das Ergebnis kaum verbessern kann.

Der vorgestellte „Ansatz“ hat einen viel schlimmeren Fehler: es ist die unhaltbare Annahme, dass in diesem Fall das beliebte „ceteris paribus“ (alles andere bleibt gleich) der Ökonomie gelten könne. Wir sind uns einig, wir haben eine Krise. Wir können also nicht vereinfachend davon ausgehen, dass die Strukturen erhalten bleiben. Die obige Rechnung unterstellt aber implizit die Erwartung, dass wir auf den alten Strukturen aufbauen können. Das ist ein „fehlgeleiteter Optimismus“ und trägt der krisenhaften Entwicklung in keiner Weise Rechnung.

Die disruptive Veränderung führt uns in aller Deutlichkeit vor Augen, dass unsere Wirtschaft es verlernt hat, den Gedanken einer Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Das Ziel wirtschaftlichen Handelns ist von alters her in erster Linie die Versorgung. Vieles, was keinen hohen Profit abzuwerfen verspricht, aber für unsere Versorgung unverzichtbar wäre, haben wir aus unserer Perspektive in die globalen Randgebiete verdrängt. Viele Medikamente können wir nicht mehr herstellen, medizinisches Verbrauchsmaterial kommt von weit her, u.v.m. Mit jedem Abschieben von Wirtschaftsleistung in die Globalisierung verlieren wir Know-how und praktische Fähigkeiten, die uns in Krisenfällen vor unlösbare Probleme stellen werden. Profit dient nicht der Versorgung, sondern dient nur der Befriedigung der Gier weniger. Wir müssen schmerzhaft erkennen, dass die gewinnoptimale Verteilung von Krankenhäusern den Konzernen dient, aber eine flächendeckende Versorgung der Menschen dabei verloren geht. Die Kostenbrille ist die sehr einseitige Sicht der Gewinnmaximierung ohne jeden sozialen Auftrag. Eine Grundversorgung hat deshalb nichts in den Händen privater Investoren zu suchen. Grundversorgung ist eine ganz wichtige Aufgabe der öffentlichen Hand, sie aufzugeben kommt auf mittlere Sicht einem politischen Harakiri gleich. Denn die nächste Krise kommt bestimmt!

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Corona und die leidige Statistik

Wir werden jeden Tag mit irgendwelchen statistischen Ergebnissen zu Corona bombardiert. Vielfach ist nicht klar, wie es zu diesen Zahlen kommt und was sie letztendlich aussagen sollen. Es ist erstaunlich, dass erst allmählich sich die Erkenntnis durchsetzt, dass bei zweckmäßigem Einsatz von statistischen Methoden mehr aus den Zahlensalat herauszuholen ist, als „Erbsen zu zählen“.

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Gegenwärtig nutzen wir nur die sogenannte deskriptive Statistik und die auch noch unkoordiniert und unzureichend definiert. Es ist klar, was ein Infizierter ist (eine Person, bei der Corona-Virus definitiv festgestellt wurde), aber was ist mit den vielen, die nicht wissen, dass sie infiziert sind und die keine Symptome zeigen. Das sind in der Mehrzahl ganz jungen Menschen ohne erkennbare Vorerkrankungen, die über ein intaktes Immunsystem verfügen.

Das reale Bild werden wir mit der deskriptiven Statistik nicht in den Griff bekommen. Statistik wurde aber entwickelt, um aus kleinen Gruppenmessungen auf ein Ganzes schließen zu können. Man nennt das Verfahren auch Stichproben-Theorie. Sie ist allgemein bekannt, weil unsere Wahlanalysen auf dieser Theorie aufbauen. Dazu wartet man nicht, bis die Zahlen einem über den Kopf steigen, sondern man kann durch gezielte Stichproben ein ziemlich klares Bild über das Problem erhalten, ohne zu warten, bis sich das Ergebnis beim „Erbsen zählen“ niederschlägt. Die Zahlen werden nicht eindeutig sein, aber die Gültigkeitsintervalle lassen eine bessere Aussage zu als im „Nebel herumstochern“.

Wie geht das Prinzip? Man definiert das anstehende Problem und muss sich über die Verteilung Gedanken machen. Wenn die Stichprobe groß genug angelegt werden kann, ist auch die Verteilung sekundär. Dann wird eine Stichprobe von Personen gezogen, die alle (ohne Ausnahme) untersucht werden und deren demographischen und medizinischen Merkmale erfasst werden. Auf der Basis lassen sich dann Hochrechnungen auf die Ausprägungen der Gesamtheit von 83 Mio. Einwohner in Deutschland machen. Die getroffenen Aussagen treffen i.d.R. mit 95% Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Zustand der Bevölkerung. Es wäre feststellbar, wieviel inzwischen infiziert sind, wieviel davon erkranken, wieviel schwere Symptome zeigen werden. Wir können bei einem richtigen Design auch feststellen, wieviel Prozent der Bevölkerung wieviel Vorerkrankungen hat und wie hoch der Anteil der Risikopatienten der Bevölkerung ist. Das einzige, was man nicht abschätzen kann, sind die Todesfälle. Aber auch das wäre über die gleiche Stichprobe zu einem späteren Zeitpunkt grundsätzlich feststellbar.

Alle diese Zahlen haben wir heute nicht. Wir wissen nur etwas von „Infizierten“. Schon die Frage, ob und wann die „Infizierten“ wieder „Desinfizierte“ sind, stößt auf Schwierigkeiten. Wer die Markierung als Infizierter erhält, wird u.U. nicht einmal krank, oder er wird krank und wird ohne Komplikationen oder mit Komplikationen gesund. Die einzigen, die wir erfassen, sind diejenigen, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen schwere Komplikationen bekommen und versterben. Sie sind dann aber nicht an ihren multiplen Erkrankungen verstorben, sondern die „statistische“ Todesursache ist dann leichtfertig das Corona-Virus. Eine eingehendere Ursachenerforschung würde ja Geld und Manpower kosten (und nutzt dem Verstorbenen auch nicht mehr).

Es gibt Anzeichen, dass das Krisenmanagement diese Defizite erkannt hat. Es gibt Petitionen und es hat auch den Anschein, dass jetzt Statistiker (und nicht nur Virologen) hinzugezogen werden, damit dieser unkoordinierte Zahlenwust eine definierte Aussagen-Struktur erhält. Und es sollte schnell gehen.

Heute haben wir einen Ansatz, dass wir eine gewissen „shut-down“ der Gesellschaft mit dem Ziel haben, die Sozialkontakte wegen der Ansteckungsgefahr pauschal zu reduzieren. Der Grund liegt darin, dass das Krisenmanagement Sorge hat, dass die verfügbaren Krankenstationen mit hoher Serviceleistung nicht ausreichen könnten. Das ist im ersten Ansatz sicher nicht falsch, aber je länger der „shut-down“ andauert, desto unruhiger werden insbesondere jene Bevölkerungsteile, für die der Virus kaum lebensbedrohliche Formen annimmt und die vor dem finanziellen Aus stehen. Die angeblich großzügige Finanzierung durch den Staat wird scheitern, wenn ich höre, dass die Jobcenter überlastet sind, Emails verschickt werden mit seitenlangen Fragebögen, die alle auch noch vom Antragstellen und danach vom Jobcenter bearbeitet werden wollen. Das erste Geld wird fließen, wenn das Geld nichts mehr nützt.

Eine Drehung um 180 Grad scheitert an den Analysekapazitäten, die notwendig wären, um alle zu testen, um nur jene in Quarantäne zu schicken, die tatsächlich ein Risiko sind oder ein erhöhtes Krankheits-Risiko haben. Um für diesen Ansatz eine Datenbasis zu finden, wäre die gezielte Anwendung eines Stichprobenverfahrens von Nöten und würde vermutlich über die Strukturen Hinweise liefern, die ein Einschätzung der Folgen möglich macht. Wenn es wirklich so ist, dass insbesondere ältere Mitbürger (mit multiplen Vorerkrankungen) bevorzugte Opfer des Virus sind, so ist in diesem Kreis von Menschen eine Quarantäne leichter durchzuhalten, weil diese Menschen schon längere Zeit durch ihr Handicap daran gehindert wird, ihre sozialen Kontakte intensiv auszuleben. Diese Vorgehensweise hätte – die Solidarität und Hilfe der nicht Betroffenen vorausgesetzt – eine zu erwartende größere Wirksamkeit, weil die Quarantäne dann aufgrund der guten Gründe eher eingehalten wird als die allgemeine Verfügung eines „shut-down“.

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Der Fall Corona und die Panik

Je mehr die öffentliche Meinung den Fall Corona bearbeitet, desto mehr kommen zumindest mir Bedenken, ob das alles so ist, wie es dargestellt wird. Ich bin kein Mediziner, sondern verstehe mich als Menschen mit skeptischem Verstand. Was soll man glauben? Hier finde ich die Maxime: „Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst“ (Albrecht Müller) als am vernünftigsten.

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Also fangen wir bei den Dingen an, die unstreitig sind: Jedes Jahr von Spätherbst bis zum Spätwinter beobachten wir eine Grippewelle. An der Grippewelle im Jahr 2017/2018 sind (hoffentlich seriösen) Berichten zufolge etwa 25.000 deutsche Mitbürger gestorben. Das habe ich vor etwa 2 Monaten erfahren und war über der Höhe der Opfer betroffen, weil diese Grippewelle von mir völlig unbemerkt vorüberging. Und die Medien haben weitgehend geschwiegen bzw. haben zweifelsohne die eine oder andere Meldung veröffentlicht, aber die mediale Aufregung, die wir heute beobachten können, blieb aus.

Dieses Missverhältnis von damals und heute veranlasst mich, Fragen zu stellen. Wenn eine ganze Kleinstadt an der Grippewelle stirbt, und keiner merkt es, dann meine erste Frage: Wann ist jemand im Sinne der Statistik an der Grippe gestorben? Wie kommen die Zahlen zustande? Eine Antwort aus der Zeit 2017/18 habe ich nicht gefunden. Stattdessen gibt es Sterblichkeitsziffern aus der gegenwärtigen Grippewelle (auch Corona-Pandemie genannt). Die ISS Nationale Gesundheitsbehörde in Italien hat am 17. März 2020 nachfolgende Zusammenstellung der Todesursachen im Zusammenhang mit Corona veröffentlicht:

  • 1% der gestorbenen Patienten hatten keine andere Erkrankung
  • 25% der gestorbenen Patienten hatten eine andere Erkrankung
  • 26% der gestorbenen Patienten hatten zwei andere Erkrankungen
  • 48% der gestorbenen Patienten hatten drei andere Erkrankungen

Als denkender Mensch ist es also nicht auszuschließen, dass für den Tod in 99% der Fälle nicht der Grippevirus als eindeutige Ursache verantwortlich gemacht werden kann.

Zudem wird verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Großstädte in China als auch der Industriegürtel in Norditalien zu den Regionen mit der größten Luftverschmutzung weltweit gehören sollen. Mit anderen Worten: Die heftigen Ausfälle in diesen Regionen sind möglicherweise auf Vorbelastungen der Lungen der Menschen dieser Regionen zurückzuführen. Das würde die Heftigkeit des Krankheitsausbruchs in Italien und China zumindest teilweise erklären können. Darüber hinaus soll vor gut zwei oder drei Wochen in Mailand ein „wichtiges“ Fußballereignis stattgefunden haben, an dem mehrere zehntausend Zuschauer teilgenommen haben. Das würde zusätzlich die heftige Entwicklung in Norditalien erklären können.

Das bringt mich auf einen anderen Gedanken, der sich mit der Frage nach Ursache und Wirkung befasst. Wenn ich mir eine unspezifische Grippe einfange, dann ist es mir ziemlich gleichgültig, ob und welcher Virus dafür verantwortlich ist, solange ich mich nach 7 – 10 Tagen wieder gesund fühle. Es gab auch Grippewellen, die mich überhaupt nicht betroffen haben. Im Zusammenhang mit Corona kommt das dadurch zum Ausdruck, dass 80% der Infizierten kaum oder gar keine Symptome aufweisen. Bei 20% wird ein schwererer Verlauf festgestellt und der wird dann einseitig einem Virus zugerechnet, weil der Virus dummerweise gerade nachgewiesen werden kann.

Das Corona-Virus ist nichts Neues. Aber Viren müssen mutieren, um nicht gleich vom Gesundheitssystem des Organismus neutralisiert zu werden. Zweimal lässt das System nicht ungestraft das gleiche Virus passieren. Die Corona-Viren, so meine Information, sind immer in unterschiedlichen Mutationen da und das nicht erst seit 2020. Die Vorstellung, dass das Virus die Erkrankung auslöst, ist bei der Datenlage m.E. vermessen: 80% der Menschen können das Virus ignorieren und bei 20% stellt die Medizin fest, dass das Virus im Spiel ist. Aber nicht nur der eine Virus, da gibt es noch zahllose weitere Viren, mit denen der Mensch lebt. Ist es nicht denkbar, dass auf dieser Grundlage eine Ursächlichkeit des Virus für einen heftigen Verlauf gar nicht hergestellt werden kann? Dann sind aber die panik-machenden Statistiken fehlerhaft! Sind nicht die räumlichen Besonderheiten viel gravierender und für den heftigen Verlauf auch letztlich verantwortlich?

Um auf die obige Tabelle der Todesursachen zurückzukommen (siehe oben), so kommt es mir vor, dass Menschen, die Vorerkrankungen haben, bei jeder zusätzlichen Belastung, egal durch was, ständig in einer potenziellen Lebensgefahr schweben. Das ist nachvollziehbar und ist nicht auf Viren beschränkt. Diese Todesfälle nun einem „bösen“ Corona – Virus anzuhängen und Alarm zu schlagen, erscheinen überzogen. Auch dann, wenn wir uns darüber klar sein müssen, dass mehrere Vorerkrankungen selten bei jungen Menschen anzutreffen sind.

Mehrere Vorerkrankungen sind i.d.R. ein deutliches Zeichen des Alters eines Menschen. Nun aber so zu tun, als ob das kein Problem sei und der Mensch mit mehreren Vorerkrankungen 120 Jahre alt werden könne, ist schon eine lächerliche Vorstellung. Vor allem macht man die Rechnung ohne den Wirt (die Alten). Diejenigen ‚Alten‘, die mit der Vorerkrankungssituation leben müssen, wissen sehr wohl, dass sie sich nicht noch eine weitere „Vorerkrankung“ leisten können und sie werden jedem Arzt auf Anfrage bestätigen, dass sie auch nicht die Erwartung hegen, mit ihrer Krankheitssituation 120 Jahre alt werden zu wollen oder gar zu müssen. Solche hirnrissigen Erwartungen können nur Mediziner unterstellen, die nach dem Wunderelixier des ewigen Lebens suchen. Ärzte wissen um dieses Problem. An irgendetwas muss der Mensch sterben; die wenigsten sterben gesund an Altersschwäche!

Es fällt auf, dass die Statistik immer nur die neuen Fälle einer Infizierung hinzuaddiert, aber wir hören sehr wenig über jene, die in die Statistik aufgenommen wurden, aber inzwischen wieder gesund sind bzw. nie krank waren, sie waren nur infiziert! Es gibt wohl zahllose Menschen in Deutschland, die mit verschiedenen Corona-Typen ständig infiziert sind, es aber nicht wissen und auch nicht wissen müssen, denn ihr Organismus kann damit ganz entspannt umgehen.

Die Politik behauptet nun, die ganzen Maßnahmen wären aus im Wesentlichen humanitären Gründen und zum Schutz der älteren Bevölkerungsteile wahrgenommen worden. Das zu glauben, fällt schwer. Warum sollen alle sich schützen, wenn nur ein klar identifizierbarer Bevölkerungsteil in konkreter Gefahr ist? Wäre es nicht sinnvoller, diesen betroffenen Bevölkerungsteil zu schützen. Durch eine gute Aufklärung könnte man dafür Sorge tragen, dass die Eigeninitiative Grundlage des Schutzes wird, die es von staatlicher Seite zu unterstützen gilt. Wer alt ist und keine Vorerkrankungen aufweist, muss selber wissen, wieviel Schutz er in Anspruch nehmen will. Wer Vorerkrankungen hat, muss entsprechend seiner Lage seinen Schutz auf- und ausbauen. Dabei ist eine sinnvolle staatliche Hilfe anzubieten.

So wie die jetzigen Maßnahmen getroffen wurden, werden erhebliche Kollateralschäden zu erwarten sein. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Schäden nicht eines Tages, wenn wir die abgekühlte Wirklichkeit mit mehr Abstand sehen, der älteren Generation zur Last gelegt werden, obwohl sie zu den Maßnahmen gar nicht gefragt wurde.

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Corona und der Crash

Die Medien versuchen zu vermitteln, dass der Crash, der sich in der negativen Entwicklung der Börsen widerspiegelt, auf den Corona Virus zurückzuführen sei. Da stimmt die Perspektive nicht. Der Virus trat – zugegeben – zu einem extrem unpassenden Moment auf. Die wegen des Virus eingeleiteten Maßnahmen werden zusätzliche heftige Auswirkungen in unserer wirtschaftlichen Landschaft hinterlassen, aber der Crash erfolgte nicht wegen Corona, sondern trotz Corona.

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Jeder Crash ist ein solitärer Vorgang, der aber nicht aus heiterem Himmel über uns kommt. Die Alarmzeichen waren schon seit dem 2. Halbjahr 2019 erkennbar und man wartete nur auf den richtigen Anlass, damit die „Zeichen an der Wand“ sich in Wirklichkeit verwandeln können. Die deutsche Wirtschaft stand im 2. Halbjahr 2019 schon auf wackeligen Füßen: Die Automobilindustrie hat erkennen müssen, dass ihr altes Geschäftsmodell deutliche Risse bekommen hat, die Banken kämpfen um ihre Reputation und Ertragsfähigkeit, Teile der Versicherungsbranche sind nur noch ein Schatten ihrer selbst (private Krankenkassen, Lebensversicherungen etc.). Und zu allem kommt dann noch die angestrebte Digitalisierung, die nach unterschiedlichen Schätzungen mehrere hundert tausende Arbeitsplätze überflüssig machen soll.

Auf diese Gemengelage trifft nun Corona und wird zum Anlass, dass sich alle diese negativen Trends zusammentun und den Crash befeuern. Neben den innerdeutschen oder europäischen Herausforderungen treten dann noch geopolitische Veränderungen in Erscheinung, deren Diskussion den Rahmen dieser Ausführungen übersteigen würde. Soviel zur aktuellen Entwicklung.

Im Folgenden möchte ich versuchen, mit einfachen Mitteln und unter stark vereinfachten Annahmen dem Leser ein paar Zusammenhänge zu vermitteln, die zum Verständnis des Crashs hilfreich sein könnten. Dazu gehe ich davon aus, dass es m.E. zwei Grundtypen von realwirtschaftlichen Zusammenbrüchen gibt, die auch durch Turbulenzen im Finanzsystem beeinflusst werden können. Diese Aussage ist ein wenig vermessen, weil es sich gezeigt hat, dass kein Crash wie der andere verläuft. Insbesondere kann man ggfs. zwar eine crash-lastige Konstellation erkennen, aber wann und ob sich diese Struktur tatsächlich eruptiv entlädt, bleibt weitgehend offen.

Ich will auch versuchen, deutlich zu machen, dass diese Krisensituationen nicht aus dem Nichts über uns kommen wie etwa der Corona Virus, sondern im System angelegt sind. Beginnen wir also ganz einfach: Die Unternehmen eines Territoriums (z.B. Deutschland) produzieren im Jahr ein gewisse Menge von Gütern und Dienstleitungen. Der Verkauf von Gütern und Dienstleistungen schlagen sich bei den Unternehmen im Umsatz nieder und werden für statistische Zwecke auf nationaler Ebene zusammengefasst (aggregiert) zum Bruttoinlandsprodukt (kurz auch BiP). Unser Wirtschaftssystem läuft nur dann reibungslos, wenn dieses BiP auf eine in etwa gleichgroße Kaufkraft trifft. Denn nur dann ist sichergestellt, dass das Angebot der Unternehmen als Umsatz auch realisiert werden kann.

Wenn nun dem BiP eine geringere Kaufkraft gegenübersteht, so haben wir einen produktiven Überhang, der als „Angebotsmarkt“ bezeichnet, zum Ausdruck bringt, dass für Preiserhöhungen kaum Raum ist. Unternehmen haben unter der Prämisse einer Gewinnmaximierung i.d.R. die vier Variablen: Preis, Menge, Marketing und Kostenreduktion, um auf diese Situation zu antworten. Der Preis hat nach oben keinen Spielraum, also bleiben die Menge, das Marketing und die Kostenreduktion.

Wenn das BiP einer höheren Kaufkraft gegenübersteht, spricht man gern vom „Nachfragemarkt“ und die Unternehmen tendieren in Summe dazu, ihr Gewinn über Preiserhöhungen zu realisieren. Das Marketing ist wohl immer im Spiel, aber Mengenanpassung und Kostendruck treten eher zurück. Das Spiel geht nur solange, bis die Inflation (Preiserhöhung) zuzüglich der einsetzenden staatlichen Maßnahmen (z.B. Zinserhöhungen) die überständige Kaufkraft absorbiert hat. Dann ist zwischen Angebot und Kaufkraft als Ausdruck der Nachfrage wieder der Ausgleich hergestellt. Wichtig ist zu verstehen, dass der Ausgleich nicht zwangsläufig ein Gleichgewicht darstellen muss.

Nun wäre es eine interessante Frage, welche Art von Markt wir in den letzten Jahren zu verzeichnen hatten? Schauen Sie sich um. Lesen Sie Zeitung. Vor wenigen Jahren war die Gefahr einer Deflation in den Medien ein großes Thema. Man hört nichts mehr davon. Aber hören Sie etwas über Inflation? Sie können m. E. davon ausgehen, dass wir es seit längerer Zeit mit einem Angebotsmarkt zu tun haben. Es gäbe auch Statistiken, aber es muss auch direkter und einfacher gehen. Was wären weitere konkrete Beobachtungen im Alltagsleben? Haben Sie bemerkt, dass mancherorts die Verpackungsart und -größe und der Preis gleichgeblieben ist, aber der Inhalt reduziert wurde. Man nennt so etwas Mengenanpassung. Sie hat gewaltige Gewinnsteigerungen zur Folge: 400 g statt bisher 500g bedeuten bei gleichem Preis eine Gewinnsteigerung bei diesem Produkt von 25%! Da es sich um keine Preissteigerung im Sinne von Inflation handelt, wird dieses Vorgehen auch nicht in der Berichterstattung zur Inflation erfasst.

Es dürfte nicht falsch sein, unsere Marktsituation vor dem Crash als angebotsorientiert zu verstehen. Um in diesem Markt erfolgreich sein zu können, wird – wie wir gesehen haben – als Folge der Gewinnmaximierung die Menge angepasst, die Qualität zurückgefahren (indem höherwertige Teile als Folge des Kostendrucks gegen geringwertigere Teile ausgetauscht werden, und der Kostendruck wird ganz allgemein erhöht. Kosten müssen effizient sein, so das allgemeine Credo: effiziente Technik (Vorzug für das billigere und oft schlechtere), effiziente Personalkosten (Druck aufbauen durch Leiharbeit, Zeitverträge, Drohung der Verlagerung in andere Regionen), effizientes Kostenmanagement (alles ausschreiben, der billigste ist der Beste!?). Nun stellt das Unternehmen fest, dass diese Maßnahmen von allen Wettbewerbern genutzt werden. Will man maximieren, wird der Preis erst durch inszenierte Rabattschlachten und Schäppchengerede verteidigt, aber letztlich sinkt der Preis. Das ist eine nach unten offene Spirale und sie hat schon deflatorische Züge. Sie wird bei anhaltender Überkapazität zu immer niedrigeren Verkaufspreisen bei immer schlechterer Qualität führen. Zynisch könnte man meinen, einen Trend zu erkennen: am Ende wird für wenig Geld Müll verkauft, weil die Qualität nichts mehr gilt, die Funktion nicht mehr erfüllt wird und die Gestaltung niemanden mehr überzeugt. (Der positive Ausdruck dieses Satzes stammt aus einer Botschaft eines Unternehmens an seine Kunden: “Qualität, die hält; Funktion, die was taugt; Gestaltung, die auch morgen noch überzeugt!“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit?! Das ist aber eine ganz andere Welt, hier wird nicht über das Schnäppchen verkauft, der Preis steht nicht im Vordergrund. Das Unternehmen entzieht sich bewusst und gezielt diesem Karussell, weil Qualität, Funktion und Gestaltung keine ökonomischen Eigenschaften sind!)

Zurück zu den deflatorischen Zügen. Diese Entwicklung wird stoppen, ehe sich der Preis in den Boden bohrt, weil lange vorher die Kunden die Produkte nicht mehr tolerieren werden. Man kann mit Marketing viel Unsinn verbreiten, aber wir sollten die Mehrheit der Kunden nicht für so dumm halten. Sie werden sich der weiteren Manipulation durch Marketing verweigern.

Es gibt dabei eine wichtige Restriktion: die Kaufkraft muss erhalten bleiben! Der andauernde Druck auf die Personalkosten im Unternehmen führt dazu, dass die Masseneinkommen als wesentlicher Teil der Kaufkraft nicht steigen und ggfs. die reale Einkommenssituation sogar sinkt (wie das in den letzten 15 Jahren mehrfach der Fall war).

Aus welchen Quellen speist sich Kaufkraft? Wesentliche Elemente sind das Masseneinkommen, das Transfereinkommen, Gewinne nur in Teilen, Auflösung von Ersparnissen, die Kreditaufnahme, und der Exportüberschuss. Das Masseneinkommen ist vereinfacht die nationale Summe der bezahlten Personalkosten an die abhängig Beschäftigten. Wir müssen uns klar machen, dass der Fuß auf der Lohnbremse auf der andere Seite die notwendige Kaufkraft schwächt. Abhängig Beschäftigte können nur konsumieren, d.h. ihre Kaufkraft einsetzen, wenn das notwendige Einkommen dafür vorhanden ist. Die Transfereinkommen umfassen Renten, Pensionen, soziale Zuschüsse u.a., die auf wirtschaftliche Veränderung ausgesprochen zäh und langsam reagieren. Da wir bei der Kaufkraft von Konsum sprechen, ist der unternehmerische Gewinn kaum von Bedeutung. Wenn Gewinn nicht investiert wird, landet er schnell im Finanzkasino und ist für die Kaufkraft verloren. Ein beträchtlicher Beitrag zur Kaufkraft wird über die Kreditaufnahme beigesteuert. Und letztlich trägt auch der Exportüberschuss zur Kaufkraft bei, weil wir durch den Exportüberschuss mit unseren produzierten Gütern und Leistungen die Kaufkraft unserer jeweiligen Handelspartner im Ausland in Anspruch nehmen. Das hält die Begeisterung dieser Länder über unseren Exportüberschuss natürlich in Grenzen.

Die angeführte Betrachtungsweise ist regelmäßig auf ein Jahr bezogen. Es gibt die Möglichkeit, diese jährliche Betrachtung von BiP und Kaufkraft über einen längeren Zeitraum gegenüber zu stellen. Wir gehen davon aus, dass Produktion einerseits und Kaufkraft andererseits regelmäßig zu einem gewissen Ausgleich kommen sollten, sonst bekommt unser Wirtschaftssystem einen „Husten“ oder gar die „Grippe“. Da wir in den letzten Jahren diesen Ausgleich einigermaßen geschafft haben, blieb der „Husten“ scheinbar aus. Um ein detaillierteres Urteil fällen zu können, müssen wir den realwirtschaftlichen Teil der Kaufkraft der Produktion von Gütern und Leistungen gegenüberstellen und deren Veränderung über die Zeit untersuchen. Christian Kreiß (Profitwahn, 2013, S.55) hat diese Entwicklung in ein schematisches Schaubild übersetzt: (hier verlässt mich die Technik!)

Die obere Linie repräsentiert die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts über die Jahre 1980 bis 2019. Die untere Linie erfasst die Entwicklung der realwirtschaftlichen Kaufkraft. Die immer größer werdende Lücke zeigt die laufende Überkapazität, die im Wesentlichen durch Exportüberschuss und Kredite finanziert wird. Dieser „Keil“ wird ständig größer bis eine disruptive Veränderung der Wirtschaft eintritt, in der die Überkapazitäten „abgebaut“ bzw. zerstört werden. Der Crash der Börsen hat diese Veränderung eingeleitet und der Corona Virus wird ihn fortsetzen bzw. verstärken.

Dieses Schaubild wird auch als Beschreibung der sogenannten „Schuldenfalle“ verwendet, um klar zu machen, dass systemimmanent sich immer der Differenzkeil zwischen Bruttoinlandsprodukt und realwirtschaftlichen Masseneinkommen bildet, weil das Masseneinkommen einschließlich Transfer allein nie die Höhe erreicht, um die für das BiP notwendige Kaufkraft darstellen zu können. Eine teilweise Kreditfinanzierung ist unausweichlich. Gefährlich wird dieser Zustand dann, wenn über die Jahre bei der Kaufkraft der Anteil der Kreditfinanzierungen laufend wächst. Zins und Tilgung werden aus Einkommen bezahlt und fehlen mittelfristig für den Konsum. Dann wächst die so beschriebene Kaufkraft nicht mehr und die Überkapazität wird virulent.

Die Maßnahmen, die aufgrund des Corona Virus eingeleitet wurden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl die Produktion (das BiP) als auch die Kaufkraft betreffen werden. Wenn es dabei gelingt, den Ausgleich von Produktion (BiP) und Kaufkraft weitgehend aufrecht zu erhalten, schrumpfen beide Seiten, was an sich ein Zeichen wäre, dass sich die Wirtschaft auf einem deutlich niedrigeren Niveau wieder fangen kann. Es ist dabei zu erwarten, dass in erster Linie die Kreditvereinbarungen  platzen werden, was einen negativen Einfluss auf das Finanzsystem haben könnte, indem sich gegenwärtig viele fußkranke Banken tummeln. Was aber letztlich wirklich passiert, müssen wir abwarten. Es bleibt spannend.

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Inhärente Krise im Kapitalismus?

Die Zahl der Krisen – so das allgemeine Empfinden – nimmt zu. Die eine ist noch nicht bereinigt, so steht schon die nächste ins Haus. Dabei nimmt – zumindest gefühlt – die Häufigkeit als auch die erwartete Heftigkeit zu. Wie lässt sich dieses Phänomen erklären? Dazu gibt es eine ganze Reihe von mehr oder weniger plausiblen Ansätzen. Mein hier vertretener Ansatz geht auf verschiedene Autoren und eigene Überlegungen zurück. Und man muss zum Verständnis ganz einfach beginnen.

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Die meisten Menschen leben von einem Arbeitseinkommen. Ein deutlich kleinerer Teil der Menschen leben von leistungslosen Einkommensformen. Hier beginnt m.E. der kapitalistische Tanz: Das Einkommen wird vereinfacht aufgeteilt in Konsum (C), Sparen (S) und Investition (I). Der Empfänger eines kleineren Einkommens verwendet den größten Teil seines Einkommens (ca. 90%), um zu leben (konsumieren). Wenn es gut geht, kann er regelmäßig ein wenig sparen(S = 10%). Eine Investition kommt für ihn aufgrund der Höhe der verfügbaren Beträge nicht in Betracht. Je höher das Einkommen, desto mehr sinkt trotz höherer Konsumansprüche i.d.R. die Konsumquote: Der Sparanteil wächst, die Rücklagen steigen bei höheren Einkommen deutlich schneller als bei den niedrigen.

Der Sparbetrag (die Rücklage) im Falle von geringen Einkommen wird bei unvorhergesehenen Ausgaben (neue Waschmaschine, neue Geschirrspülmaschine, größere Autoreparatur, Krankheit, etc.) viel stärker in Anspruch genommen als bei einem hohen Einkommen. Die Rücklagen der geringeren Einkommen sind ein Teil der notwendigen Absicherung der Betroffenen. Der gesparte Geldbetrag wird selten eine Höhe erreichen, bei dem der Besitzer sich überlegt, ob er sein Geld anlegen (investieren) kann und möchte.

Der Sparbetrag im Falle von hohen Einkommen wird viel weniger durch unvorhergesehene Ausgaben strapaziert. Und wenn, dann sind die unregelmäßigen Vorkommnisse gemessen am Sparbetrag keinesfalls bestandsgefährdend. Mit anderen Worten: Der Sparbetrag der höheren Einkommen wächst zumindest linear und stetig um gleiche Beträge  und übersteigt relativ schnell den Betrag, der aus der Sicht des Einkommensbeziehers zur Absicherung seines täglichen Lebens als notwendig angesehen wird. Wenn wir jetzt noch Zins und Dividende einführen, so werden die Chancen des hohen Einkommens auf ein steigendes arbeitsloses Einkommen für jedermann offensichtlich.

Die gegenwärtige Nullzinspolitik macht es schwer, hier größere Zinserträge zu erwirtschaften. Aber das war nicht immer so und es wird auch nicht mehr lange so gehen. Die Entreicherung der in der Vergangenheit zinsverwöhnten Mittelschicht ist allzu offensichtlich. Der Groll wächst und die Politik kommt absehbar in heftige Bedrängnis.

Was aus dieser Darstellung deutlich werden soll, ist die unterschiedliche Steigerung des Sparbetrages zwischen einem geringeren und einem hohen Einkommen. Der Sparbetrag des Geringverdieners wird, wenn überhaupt, nur ganz langsam wachsen. Der Sparbetrag des besser Verdienenden wird (erst recht bei zusätzlich steigendem Einkommen) stetig wachsen. D.h. im Klartext: der Geringverdiener kommt aus seiner klammen Position durch Sparen i.d.R. nicht heraus, während der gut Verdienende deutlich merkt, dass sein Sparvermögen (auch ohne Zinsen) ständig zunimmt. Der Geringverdiener bleibt vermögenslos und der gut Verdienende ist auf dem besten Wege, sich ein Vermögen schaffen zu können (wenn er nicht schon durch Erbschaft ein solches besitzt). Die Folge ist klar erkennbar: unser Wirtschaftssystem sorgt quasi automatisch für eine komplett unausgewogene Verteilung des Vermögens. Das Geld wandert zu den Vermögenden und die Verpflichtungen bleiben bei den eher vermögenslosen Konsumenten. Wenn dieser Prozess über einen längeren (friedlichen) Zeitraum anhält, erhalten wir das Bild der gegenwärtigen Vermögensverteilung in Deutschland.

Übertragen wir dieses einfachen Zusammenhänge auf richtig große Einkommen. Dort hat der Sicherheitsgesichtspunkt keine wesentliche  Bedeutung. Bei diesen Einkommen drehen sich die Verhältnisse um: vielleicht 10% Konsum und entsprechend 90% Sparanteil bei einem Jahreseinkommen, für das der „kleine Mann“ möglicherweise sein halbes Leben arbeiten müsste. Dieses Einkommen wird nicht mehr gespart, es wird investiert! Es muss, wenn nicht Zins, so doch Dividende oder Wertsteigerung bringen. Diese Form des leistungslosen Einkommens schafft in recht kurzer Zeit in einem großen Umfang  neues  leistungsloses Vermögen. Die Geschwindigkeit der Zunahme übertrifft bei weitem den Aufbaugeschwindigkeit eines Konsumenten, der mit diesem Prozess weit „unten“ anfängt.

Wenn das Einkommen einem Unternehmer zufließt, so kann man davon ausgehen, dass er große Teile seines Investitionsbetrages wieder in sein Unternehmen steckt. Wenn das gleiche Einkommen einen Investor zufließt, wird nach der schnöden Chance gesucht,  aus Geld mehr Geld zu machen. Dabei ist es dem Investor gleichgültig mit welchen Produkten diese Mehrung erzielt wird, sie muss nur seinen Gewinnerwartungen entsprechen.

Der Prozess führt über die Jahre dazu, dass ein kleiner Teil der Gesellschaft große Vermögen kumulieren kann und der Rest (die Vielen) praktisch vermögenslos bleiben. Dieses Bild kennzeichnet heute unsere Vermögensverteilung in Deutschland, ausgedrückt in einem Gini-Koeffizienten von etwa 0,8. Verglichen mit anderen EU-Staaten bedeutet diese Vermögensverteilung ein hohes Maß an Einseitigkeit: etwa 50% der Bevölkerung haben kein oder kein nennenswertes Vermögen oder sogar Schulden(1,4%). Etwa 10% der Bevölkerung verfügen dagegen über ca. 56,1% des Volksvermögens. Auf 40% der Bevölkerung entfallen dann die restlichen 42,5% des Volksvermögens. (Basis: 2017, Leipziger Internet Zeitung)

Betrachten wir eine Gesellschaft, in der es eine große Spreizung der Einkommen gibt (viele Geringverdiener und wenige Großverdiener), so führt diese Entwicklung zwangläufig dazu, dass die Geringverdiener im Prinzip vermögenslos bleiben und die Großverdiener ständig an leistungslosem Vermögen zu legen können. Der Einwand hinsichtlich der Steuern ist berechtigt, bricht den Prozess aber nicht ab, sondern streckt ihn auf der Zeitschiene. Das Ergebnis ist eine Vermögensmassierung bei den wenigen Großverdienern und eine stetige Entreicherung am anderen Ende der Skala. Alles, was an Geld geschaffen wird, geht durch diese Mühle und bleibt bei den Großverdienern letztlich hängen.

Was heißt das? Bei jeder Kreditaufnahme entsteht eine Verpflichtung und die Bank schöpft (schafft) aufgrund der Verpflichtung eine Summe Geldes und zahlt sie an den Verpflichteten aus. Kreditaufnahmen erfolgen in Masse im Rahmen des Konsums eher bei den geringer Verdienenden. Dabei fließt das Geld über den Empfang der Ware in Richtung Produzenten, aber die Verpflichtung bleibt dem Schuldner erhalten.

Das Vermögen in Form von Geld „schreit“ gewissermaßen nach rentierlicher Anlage. Vieles mag im Kapitalismus unserer Tage als knapp eingestuft werden, aber das Kapital gehört schon lange nicht mehr dazu. Es wabert herum und sucht nach Anlagemöglichkeiten. Dabei wird aufgrund des leichten (nahezu zinslosen) Geldes viel mehr Produktionskapazität geschaffen als wir im Grund benötigen, um die Menschen mit Sinnvollem zu versorgen. Es werden also Dinge produziert, die man auch als sinnlos oder überflüssig bezeichnen kann. Sie werden über die Schiene der Werbung in den Markt gedrückt. Schon in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat John Kenneth Galbraith ein Buch herausgebracht, das auf dem deutschen Markt unter dem Titel „Die Überflussgesellschaft“ ein Bestseller wurde.

Es stellt sich nun die Frage, ob man diese Thesen auch mit Zahlen unterlegen kann. Das ist ohne weiteres im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung möglich. Man muss sich darüber klar sein, dass der Produktion (ausgedrückt im Bruttosozialprodukt des Landes) immer eine Kaufkraft in gleicher Höhe gegenüberstehen muss. Sonst findet die Produktion keine Abnahme. Die Kaufkraft erfasst dabei die finanziellen Quellen, die dem Konsumenten zur Verfügung stehen, um die angebotene Produktion zu konsumieren. Wesentlicher Teil der verfügbaren Kaufkraft ist das Masseneinkommen. Und das Masseneinkommen wiederum besteht aus dem Netto-Einkommen aller abhängig Beschäftigten zuzüglich der Transfereinkommen aus staatlichen Unterstützungen. Weiter wird die Kaufkraft zu kleinen Teilen durch die Unternehmergewinne gestützt, durch den Export und wie wir sehen werden, durch Kredite, die die Menschen aufnehmen, um das Produktangebot über das Masseneinkommen hinaus wahrnehmen zu können (nach dem Motto: Kaufe jetzt – zahle später).

Um die Situation eines Landes abzubilden, kann man jetzt die Entwicklung des Bruttosozialprodukts über die Jahre mit der Entwicklung  des Masseneinkommens (einschließlich des Transfers) vergleichen. Das Bruttosozialprodukt hat in den letzten Jahrzehnten stets als Folge des „Wachstums“ zugenommen. Die Masseneinkommen sind dagegen nur gering gestiegen. Um die Aussage zu verifizieren, denken Sie an die Meldungen, dass der Reallohn in den letzten 10 bis 15 Jahren nicht oder kaum zugenommen hat.

Wenn wir jetzt die durch das Masseneinkommen zum Ausdruck kommende Kaufkraft mit dem Bruttosozialprodukt vergleichen, müssen wir feststellen, dass da eine erhebliche Lücke klafft, die gegenwärtig durch Exportüberschüsse (eines Exportweltmeisters) und durch Kreditaufnahme „künstlich“ geschlossen wird. Die vorhandene Überkapazität kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die klassische Inflation (im Sinne von Preissteigerungen) praktisch kein Problem mehr darstellt. Sie drückt sich heute dadurch aus, dass die Preise gleich bleiben, aber die verkauften Mengen reduziert werden, (in der Hoffnung, dass der Konsument diesen miesen Trick nicht bemerkt).

Das heißt konkret, dass dann, wenn die Exportüberschüsse, die wir uns vom Ausland holen, nicht mehr beglichen werden können (weil z.B. durch die Folgen der Digitalisierung unsere Nachbarn ‚klamm‘ werden) und dadurch bei uns eine massive Rezession eintritt, Arbeitsnehmer ihre Arbeit verlieren und dann ihre Kredite nicht mehr bedienen können (die Vermögenden verfügen über ausreichend Rücklagen), dann kollabiert das System, indem die Massenkaufkraft in sich zusammenbricht.

Dabei ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass nicht nur der Exportüberschuss und die Kredite wegbrechen (und die Banken in Schwierigkeiten kommen), sondern aufgrund der anschwellenden Arbeitslosigkeit auch das eigentliche Masseneinkommen stark nachgibt. Es gibt Schätzungen, dass zwischen 25 bis 50 Prozent unserer Produktionskapazität sich als überflüssig erweisen könnte. Für die USA gibt es die Erwartung, dass bis zu über 60 Prozent Überproduktion bestehen können. Es gibt deshalb auch die Meinung, dass der Kapitalismus alle 70 Jahre (alle 2 Generationen) diesen absehbaren Korrekturkreislauf durchlaufen würde oder müsse. In der Vergangenheit haben die zahllosen Kriege in Europa und anderswo die „Korrektur“ für den Kapitalismus erledigt. Wir haben erstmals eine Periode, in der der Kapitalismus zumindest in Europa eine ausreichend lange Friedensperiode erfahren konnte, dass dieser Mechanismus über die Jahre erst jetzt zum Tragen kommen könnte.

Nun beobachten wir nicht nur einen Wandel aufgrund der Digitalisierung, sondern auch sonstige Veränderungen unserer Wirtschaftsstruktur. Stahl- und Automobilindustrie, Versicherungen, und Banken sind im Moment die offensichtlichen Krisenherde. Alles, was hier aufgezählt wird, scheint im ersten Schritt zu einer Reduzierung der Arbeitsplätze zu führen. Vielleicht hat der Abbau von Kapazität schon begonnen und wir haben es nur nicht bemerkt?

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Gülle – symptomatisch für unser Politiksystem?

Die Gülleverordnung sorgt für Emotionen. Nicht deshalb, weil Gülle kein Problem wäre. Sondern weil die Ordnungspolitik im Bereich der Landwirtschaft seit Jahrzehnten sehenden Auges Zustände hat entstehen lassen, die bei einem Nicht-Landwirt nur ein Kopfschütteln auslösen kann. Viehwirtschaft erzeugt unvermeidlich Gülle – wir werden es den Nutztieren auch künftig nicht abgewöhnen können, Gülle zu produzieren.

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Das ist nach meiner laienhaften Verbraucher-Meinung auch kein Problem, solange der Landwirt zwischen der Zahl seiner Nutztiere und seinen bewirtschafteten Flächen hinsichtlich der Gülleausbringung eine Art sinnvollen Kreislauf herstellen kann. Es ist aber in meinen Augen unverantwortlich, wenn der Viehbestand ausgebaut werden darf, ohne für die dabei zwangsläufig entstehende Güllemehrung eine umweltverträgliche Lösung bieten zu können.

Aber das angesprochene irrwitzige Verhalten haben wir überall in unserem Wirtschaftssystem. Die Vertreter unseres Wirtschaftssystems werden nicht müde, die Effizienz unseres kapitalistischen Ansatzes zu preisen. Das stimmt vielleicht im Kleinen bei der einzelnen Unternehmung, aber das System als solches kann doch bei der vorhandenen Mülllawine keinesfalls als effizient bezeichnet werden. Oder sollten wir es so sagen: kein anderes denkbares Wirtschaftssystem produziert so effizient solche Mengen an vermeidbarem Müll. Und was machen wir? Wir machen daraus erst mal ein Geschäft – aber der „Dreck“ löst sich deshalb nicht in Luft auf. Wir betreiben intensiven Müllexport. Die Bevölkerung soll möglichst nicht merken: Der Müll droht uns zu ersticken.

Zurück zur Gülle: Deutschland ist vom EUGH verurteilt worden und wird, wenn es keine EU-konforme Gülleordnung präsentiert, bald täglich eine Strafe von über 800.000 Euro zahlen müssen. Und schon beginnt die landwirtschaftliche Lobbyarbeit der unterschiedlichen Beteiligten. Jeder versucht dem anderen wenigstens einen schwarzen Peter zuschieben zu können. Es werden Ausnahmen diskutiert, Umgehungen dargestellt und wieder verworfen. Es geht nicht um die Sache und darum, ein wichtiges Problem in der Landwirtschaft grundsätzlich und sinnvoll zu lösen. Man hat den Eindruck, die Politik ist bereit, sich auf eine Schmierenkommödie einzulassen. Es geht ja um das klassische Wählerpotenzial derer, die diese Gülleverordnung jetzt auf den Weg bringen müssen.

Es gibt in öffentlichen Raum immer mindestens zwei Lösungsarten: eine Lösung, die dem realen Problem gerecht wird und eine sogenannte politische Lösung. Sie ist eine Lösung, die den Druck aus dem politischen „Kessel“ nimmt, aber oftmals mit der Lösung des Sachproblems wenig zu tun hat. Meist wird die Problemlösung nur in die Zukunft verschoben. Wir haben lange Jahre mit der Lüge recht gut leben können, dass die politische Lösung in der Regel reicht. Aber diese komplizierten politischen Lösungen sind keine Lösungen, die ein Problem wirklich auflösen, sondern stellen eine Scheinlösung dar und schaffen (meist für die Zukunft) fünf neue, aber reale Probleme. Sie machen unser Leben komplexer und komplizierter und die politischen Antworten werden dabei immer unglaubwürdiger. Die Zeit der politischen Lösungen ist m.E. zu Ende. Wir müssen uns endlich der Realität stellen und die wirklichen Problemlösungen im Sinne des Ganzen anpacken. Dass diese Erkenntnis Geld kostet und manchem auch wehtun wird, muss uns dabei klar sein.

Wir sollten uns auch fragen, was denn geschehen wäre, wenn die EU – Kommission keinen Druck gemacht hätte: auf absehbare Zeit wohl gar nichts! Nun stimmen mir sicherlich viele zu, dass die EU-Kommission bezüglich ihrer demokratischen Legitimation nicht unbedingt als gutes Beispiel gelten kann, aber wie es scheint, wird dort hin und wieder unmissverständlich zur Handlung aufgefordert. Trotz klarer Aufforderung an unsere Regierung hat das seit Jahren zu keinerlei Maßnahme geführt. Erst wenn täglich 800.000 Euro Strafe auf dem Spiel stehen, bewegt man sich träge aus der politischen Komfortzone und ist dabei offen für jede taktische Sinnlosigkeit der Lobbyisten. Man könnte vom demokratischen Glauben abfallen. Ich kann mir gut vorstellen, dass angesichts dieser „Herum-Eierei“ ein beachtlicher Teil der Bevölkerung beginnt, die markigen (aber meist leeren) Worte der Rechtsausleger sympathisch zu finden. Gleichzeitig platzt der jungen Generation der Kragen über so viel Unvermögen. Wen wundert‘s?

Je komplizierter und differenzierter die Gülleverordnung ausgestaltet wird, desto mehr Umgehungen und Ausnahmen werden möglich sein. Man kann nicht ausschließen, dass das Legen von Schleich- und Umgehungswegen letztlich auch ein Ziel der Politik ist. Aber, meine Damen und Herren Politiker, wir haben neben vielen anderen Problemen ein Problem mit dem Nitrat im Grundwasser – nicht überall, aber viel zu oft. Lösen Sie es, aber nicht nur bis zur nächsten Wahl, sondern nachhaltig! Und wenn sie tatsächlich durch sinnvolle Maßnahmen aus der Regierung verdrängt werden sollten, – was ich nicht glauben kann – dann war es wenigsten für etwas gut gewesen, auf das sie stolz sein können. Der Wähler ist begriffsstutzig, aber sie kennen doch ihre Klientel und all die schmutzigen Tricks, wie man Propaganda macht, wenn es um viel Banaleres und Nebensächlicheres geht. Sonst holen sie sich bitte Anregungen bei Edward Bernays.

Die Lösung des Problems muss einfach und radikal sein. Und sie ist m.E. seit Jahrhunderten allgemein bekannt und nur angesichts der fragwürdigen Versprechungen der Technologie in Vergessenheit geraten. Einige Landwirte haben wider besseres Wissen, aber mit Aussicht auf ein höheres Einkommen ihre Viehbestände rasant erhöht ohne sich gründlich Rechenschaft abzulegen, was mit dem unvermeidlichen Kuppelprodukt Gülle passieren soll. Gülletourismus darf nicht zu den Lösungen gezählt werden. Das ist genauso kurzsichtig wie Mülltourismus.

Meine unmaßgebliche Meinung zur Lösung ist der Ansatz einer Art Kreislaufwirtschaft mit einer wissenschaftlich gestützten Vorgabe von Fläche (ha) pro Vieheinheit, die sicherstellen kann, dass bei vernünftiger Ausbringung der Gülle kein Nitrat im Grundwasser landet. Für einen fixierten Zeitraum muss die Politik dafür sorgen, dass jene Landwirte, die sich nicht nachhaltig aufgestellt haben, hier einen Übergang finden können. Der Übergang ist auch deshalb verpflichtend, weil das nicht-nachhaltige Verhalten in den Vorjahren politisch toleriert bzw. sogar subventioniert war.

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Klimawandel und der Nutzen der Märkte?

Nikolaus Piper hat im Samstagessay der SZ vom 1./2. Februar 2020 über den Nutzen der Märkte im Zusammenhang mit dem Klimawandel geschrieben. Vieles ist nicht falsch, aber doch sehr flüchtig und aus dem Zusammenhang gerissen produziert worden. Einige Aussagen, zu denen ich eine grundsätzlich andere Meinung vertrete, möchte ich so nicht stehen lassen.

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Recht gut finde ich, dass die regelmäßig geschichtsvergessene Ökonomie auch mal die Geschichte bemüht. Es ist unzweifelhaft, dass der vor etwa 250 Jahren einsetzende Kapitalismus dazu beigetragen hat, dass wir heute auf einem hohen Wohlstandsniveau angekommen sind. Aber mit keinem Wort wird die Kehrseite angesprochen: Die heute durch die Fridays for Future und die Generationen Stiftung vorgebrachten Probleme, die seit dem Club of Rome vor nahezu 50 Jahre (oder fast 2 Generationen) bekannt sind, hat diese Wirtschaftsform immer wieder vom Tisch gefegt. Offensichtlich beherrscht hier Gier den Verstand!

Weiter ist die von Piper verwendete Terminologie zwar die übliche, aber sie wirft etwas in einen Topf, was aus mehreren Gründen unterschieden werden sollte: Der Kapitalismus und das Marktsystem. Letzteres reicht viel weiter zurück als die relativ kurze Periode des Kapitalismus. Vor den 250 Jahren, also zu Zeiten des Absolutismus und davor, hat es auch schon Märkte gegeben. Sie waren aufgrund der fehlenden Technologie anders gestaltet und aufgrund der agrarischen Ausrichtung von Selbstversorgung dominiert. Und sie waren Märkte, die im Wesentlichen ohne Wachstum auskamen. Marktwirtschaft im eigentlichen Wortsinn ist so alt wie die Menschheit. Erst der Kapitalismus hat sich des Systems bemächtigt und es in den letzten 250 Jahren stark verändert. Aber die Grundlage ist das Marktsystem und bleibt identifizierbar.

Der Kapitalismus ist sowohl ein Kind des technologischen Wandels (Industrie 1.0) als auch ein Kind des mentalen Wandels von mittelalterlicher Ethik zur neuzeitlichen Kaufmannsethik (Utilitarismus). Beflügelt wurde diese Handlungsweise dann noch durch den etwas später aufkommenden Darwinismus, dessen falsch verstandene Anwendung den Sozialdarwinismus intellektuell rechtfertigte. Der allgemeine Wohlstand, von dem Piper spricht, ist eigentlich erst ein Ergebnis der Nachkriegszeit. Und die These, dass der Hunger in der Welt „fast ausgerottet“ sei, verkennt die menschenunwürdige Lage der Ärmsten und die herrschende Ausbeutung der Südhalbkugel.

Was aber m.E. offenbleibt, ist die Frage, wo der Markt dem Klimawandel nutzen könnte. Der Markt hat m.E. keinen Einfluss auf den Klimawandel, anders der Kapitalismus. Offensichtlich haben die Klimakritiker auch nicht den Markt im Fokus, sondern die Art, zu welchem Zweck und mit welchen Mitteln wir Wirtschaft betreiben. Der Markt als uralter Verteilungsmechanismus steht dabei gar nicht zur Disposition.

Nun befürchtet Nikolaus Piper, dass die Aussage „Burn Capitalism, not Coal“ ein unmittelbarer Angriff auf den Kapitalismus sei, möglicherweise vergleichbar mit dem Anspruch des ehemaligen Sozialismus. Das ist in meinen Augen absolut unrealistisch. Was in jedem Fall bleibt, ist das Marktsystem, weil es etwas widerspiegelt, das zu tiefst menschlich ist – nämlich ein wichtiger Ausdruck von notwendiger Kommunikation. Aus diesem Grund sehe ich den Kapitalismus und das Marktsystem nicht aus einem Guss, sondern als unterscheidbare Systeme. Das Marktsystem stellt einen effektiven Verteilungsmechanismus zur Verfügung. Der Kapitalismus hat sich dort aufgepfropft. Er hat das Finanzsystem geschaffen, die Schuldenfalle mit der Forderung nach Wachstum entwickelt und er hat auch das Manipulationssystem geschaffen, um den Absatz unserer Überflussproduktion ständig am Laufen zu halten, um einen Systemkollaps zu verhindern.

Wachstum, insbesondere ewiges Wachstum – das sollte auch der letzte Ökonom erkannt haben, – funktioniert nicht. All die ökonomischen Schwachsinnigkeiten wie ressourcenfreies Wachsen, wie auch das Hoffen auf eine alles befreiende Wundertechnologie, das ist Quatsch! Hört auf die Physiker, die schon immer darauf hinwiesen, dass in einem relativ geschlossenen System ein immerwährendes Wachstum eines Teilsystems unmöglich ist – es ist letztlich der „Tod“ des Systems. Wer es dann immer noch nicht glauben will, möge sich an die Biologie wenden: Ob Fliegen- oder Bakterienstämme, in einem geschlossenen System gibt es kurzfristig ein maximales (sogar expotenzielles) Wachstum und dann im nächsten Schritt den letalen Zusammenbruch der gesamten Population.

Nikolaus Piper spricht dann die „Energieproduktivität“ an, die die „Märkte realisiert“ hätten. Abgesehen davon, dass das verbaler Unsinn ist (Bullshit-Bingo: die Märkte können gar nichts, sie bieten bestenfalls eine Gelegenheit), hat er übersehen, dass parallel unser Energieverbrauch gewaltig gestiegen ist und wir mit jeder Umsetzung einer neuen Technologie weiteren Energieverbrauch herausfordern. Deshalb ist die Energieproduktivität eine Notwendigkeit, die schlicht dem kapitalistischen Systemerhalt dient. Wichtiger wäre es, den Verbrauch insgesamt zurückzunehmen. Hierzu sind keine nachhaltigen Maßnahmen zu erkennen.

Das Beispiel mit den „Georisiken“, die der Rückversicherer  „Munich Re“ seit ein paar Jahren beobachten lässt und natürlich auch einpreist, wenn dem Versicherer Risiken zur Deckung ins Haus stehen. Das nun in erster Linie mit „Profitgier“ in Verbindung zu bringen, ist nicht recht nachvollziehbar. Die Abteilung Georisiken der Munich Re versucht, offensichtlich bisher als einziges Unternehmen, das einzupreisen, was der Kapitalismus bisher immer als externe Effekte behandelt und der Natur (Umwelt) belastet. Hier wird zum ersten Mal im Kapitalismus erkannt, dargestellt und in Geld umgerechnet, was der Klimawandel schon heute an Schäden auslöst. Ob das, was die Damen und Herren dieser Abteilung ermitteln, zu einem Profit für die Versicherungsgesellschaft wird, muss sich erst herausstellen, weil über die Größe des Risikos und seine Eintrittswahrscheinlichkeit kaum Erfahrungswerte vorliegen – man bewegt sich also hochgradig im theoretischen Raum.

Herr Piper meint: „Vorindustrielle Gesellschaften waren ungleich weniger produktiv als moderne.“ Aber sie hatten auch kein Klimaproblem. Was hat das Klimaproblem und seine Lösungssuche mit Produktivität zu tun? Wer glaubt denn, dass mehr Produktivität eine Lösungsstrategie für den Klimawandel sei? Man könnte den gleichen Output mit weniger Input darstellen. Aber der Output ist doch das Problem; sowohl bei den Emissionen als auch beim Müll, dessen Berge inzwischen zum Himmel stinken oder exportiert werden, damit sie an dunkler Stelle unkontrolliert ins Meer gekippt werden! Die Vorstellung, dass der geringere Einsatz zu weniger Output führt, das widerspricht doch der Maxime des Kapitalismus („mehr, höher, schneller“). Dieses Prinzip muss erst noch geknackt werden.

Die Klimaaktivisten sehen den Kapitalismus natürlich kritisch, das tun auch solche, die keine Klimaaktivisten sind. Vor 40 Jahren gab es noch einen weitgehend ausgearbeiteten, radikalen Alternativvorschlag als Korrektiv zum Kapitalismus. Heute ist der Sozialismus kein Thema mehr. Was aber ein Thema bleibt, dass der Kapitalismus Eigenschaften entwickelt hat, die m.E. zu Recht angesichts des Klimawandels als grobe Fehlentwicklungen anzusehen sind. Daran ist zu arbeiten.

Der Kapitalismus gilt in den Augen vieler als effizient. Eine gewisse Effizienz auf der Ebene der Produktion und der Verarbeitung mag gegeben sein. Aber der Kapitalismus als System ist doch nicht effizient, wenn er fortlaufend höhere Berge von Müll produziert. Im Vergleich zum System Natur ist der Kapitalismus ein rechter Stümper, der an seinen Fehlentwicklungen mittelfristig ersticken wird. Die Natur produziert jährlich Millionen Tonnen von Naturmüll, die sie leise und unauffällig, aber stetig rückverwandelt in eine produktive Grundlage. Das ist wahre Effizienz und sollte uns ein Beispiel geben!

Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der heute wie ein Watschenbaum für alles Greenwashing herhalten muss. Hier braucht es eine einheitliche, justitiable und international verbindliche Beschreibung, die auch weh tun darf. Die Medizin muss bitter schmecken, soll sie helfen. Der Nachhaltigkeitsbegriff sollte letztlich Verfassungsrang erhalten. Diese Beschreibung kann und darf nicht von der Wirtschaft erwartet werden. Die Politik fällt aus – sie sitzt täglich auf dem Schoß der Wirtschaft und eigene konstruktive Gedanken sind ihr i.d.R. fremd. Also muss die Fixierung des Begriffs aus der Wissenschaft kommen unter einer sorgfältigsten Prüfung der jeweiligen Unabhängigkeit. Nach der Formulierung und ihrer ausgiebiger Diskussion muss dieser Sachverhalt Gegenstand der Rechtslage werden. Das wird einen Rattenschwanz von Änderungen unseres gegenwärtigen Rechtssystems zur Folge haben.

Nachhaltigkeit oder auch „Enkeltauglichkeit“ muss ein Wert sein, der unsere künftigen wirtschaftlichen Aktivitäten leitet und deren Wirkungen bewertet. Der Vergleich sollte den Menschenrechten gleichgestellt sein. Die Gerichte müssen damit arbeiten können. Es werden große Anstrengungen notwendig sein, diese qualitative Aussage als solche aufrecht zu erhalten. Ökonomen lieben das Quantitative, sie haben keinen Begriff von Qualität. Es fehlt ihnen an der dafür notwendigen Begrifflichkeit.

Die kurzfristig orientierte Gewinnmaximierung muss fallen und durch eine moderatere längerfristig orientierte Gewinnorientierung ersetzt werden. Gewinnmaximierung ist ein theoretischer Begriff, der entstanden ist, als man die Unternehmen als lineares Gleichungssystem abbilden wollte und eine simple Zielfunktion benötigte, die sich leicht in eine mathematische Formel verwandeln ließ. Praktische Bedeutung hat der Begriff erst durch eine Steuergesetzesänderung und das nachfolgende Investmentbanking gewonnen, als man anfing, Unternehmen nach dieser Maximierungsformel zu beurteilen (shareholder‘s value) und diese wie Kartoffeln sackweise zu vermarkten. Familienunternehmen scheren sich mehrheitlich nicht um eine Maximierung. Sie legen Wert auf Langfristigkeit, manche sogar auf Nachhaltigkeit oder Enkeltauglichkeit und fahren nicht schlecht damit.

Die Finanzwirtschaft ist jeglicher Kontrolle entglitten. Auf diesem Sektor sind in den letzten Jahren die meisten großen kriminellen Aktivitäten zu beobachten. Die Geldschöpfung muss wieder unter die Regie der Zentralbanken, um einen Handlungsrahmen gestalten zu können. Wenn Zins der Preis für Geld ist, ist offensichtlich Geld wertlos geworden, weil im Überfluss vorhanden. Der Primat Geld aus Geld machen zu wollen, muss durch Steuern stark eingeschränkt werden. Wer Geld machen möchte, muss einen materiellen und sinnvollen Beitrag zur Versorgung von Menschen leisten.

Wer sich weitere Forderungen an das herrschende System ansehen möchte, sei auf die Ausführungen zu den einhundert Forderungen der Generationen Stiftung verwiesen.

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Geldillusion in der Praxis

Es sieht so aus, als ob die Kupfermünzen (1, 2 und 5 Cent) vom Markt verschwinden werden. Aus meiner Sicht ist das ein richtiger und auch begründbarer Schritt, um das Gewicht unserer Geldbörsen etwas zu reduzieren. Wichtiger als der Verzicht auf diese Kupfermünzen wäre der Verzicht auf eine Preisgestaltung wie etwa 1,99 Euro und ähnliches. Wenn man Fachleute auf diese nicht nachvollziehbare Preisgestaltung anspricht, so kommt das Argument, das haben wir schon immer so gemacht, daran sind die Kunden gewöhnt.

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Wenn die Argumentation etwas anspruchsvoller erscheinen will, dann wird auf eine fragwürdige psychologische Erkenntnis zurückgegriffen: Diese Preisgestaltung mache es dem Kunden leichter, sich für das Produkt zu entscheiden, weil es ja scheinbar knapp kalkuliert sei und es eben nicht zwei Euro kostet, sondern nur 1,99 Euro. Diese Argumentation hat mich nie überzeugt. Den Cent Differenz spende ich regelmäßig für die Gemeinschaftskasse.

Mein Eindruck ist, dass es für diese Preisgestaltung vor ca. 60 Jahren einen guten Grund gab. Mein Großvater hat mir von Zeit zu Zeit mit dem Ausdruck unübertreffbarer Großzügigkeit ein 5-Pfennig-Stück zugesteckt, nach dem Motto: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Thalers nicht wert!“ Ich mache meinen Großvater damit nicht lächerlich, denn mit zwei 5-Pfennig-Stücken konnte man beim Bäcker eine Laugen-Brezel ersteht und für 12 Pfennige sogar zwei Brötchen (süddeutsch: Wecken oder Semmeln).

Was ist die Konsequenz aus dieser Beobachtung? Die Preisgestaltung knapp unter der vollen Mark war zur damaligen Zeit sinnvoll, denn mit dem gesparten Pfennig gab es ab 3 Pfennig im Tante Emma Laden ein Bonbon aus dem großen Glas. Man durfte selber reinfassen und durfte das Gewünschte herausfischen. Das war für mich als Grundschüler ein einprägsames Erlebnis.

Die Preise stiegen dann sehr rasch. Die Inflation tat ihr übriges. In 2001 haben wir uns für die Einführung des Euro entschieden. Das meiste wurde, zumindest gefühlt, 100% teuer und die Bedeutung der Kupfermünzen für das tägliche Leben ging verloren. Meinen Enkeln kann ich keine fünf Cent als großzügiges Geschenk anbieten. Sie lachen mich zu Recht aus. Es wäre einfach aus der Zeit gefallen.

Aber die beknackte Preisgestaltung wird unverändert beibehalten, obwohl der „gesparte“ Cent keinen Wert mehr darstellt und auch nicht darstellen kann, denn es ist unmöglich, für ein paar „gesparte“ Cent irgendetwas Sinnvolles zu kaufen. Man sollte den alten Zopf auf beiden Seiten abschneiden: Kein Kupfergeld mehr und bitte auch keine schwachsinnig gestalteten Preise mehr. Darauf fällt heute keine Kunde mehr herein. Es ist nur ärgerlich, wenn die Geldbörse vor lauter Kupfergeld überquillt und wie Blei in der Tasche liegt, für das man im Grunde nichts kaufen kann.

Die Ausführungen sind kein Argument, das Bargeld insgesamt abzuschaffen. Bargeld ist immer noch ein Stück Freiheit, weil keiner außer mir weiß, wie ich mein Geld ausgebe – Big Data, es tut mir leid, aber das geht Dich wirklich nichts an.

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Was ist uns Natur wert?

Wer hier die Erwartung hegt, dass im Folgenden ein Euro-Betrag entwickelt wird, hat die Frage missverstanden. Das ist keine quantitative Frage. Die Frage richtet sich an uns, an unseren Umgang mit und unsere Wertschätzung dessen, was wir umgangssprachlich als „Natur“ bezeichnen. Schon der Begriff „Umwelt“ drückt aus, dass wir, die Anwender des Begriffs, exponiert in der Mitte oder außerhalb stehen und nicht Teil dessen sein wollen, was wir gewöhnlich mit ‚Umwelt‘ bezeichnen.

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Wenn wir von Natur sprechen, meinen wir etwas, das nur schwer abgrenzbar ist. Meistens bezeichnen wir damit etwas, zu dem wir uns nicht zugehörig fühlen – es ist das Andere. Was könnte nun „Natur“ sein? Unberührte Wildnis zählt sicherlich dazu, aber das ist zu eng. Natur ist allgemeine Lebensgrundlage, nicht nur der menschlichen Spezies. Ohne Natur, d.h. ohne Lebensgrundlage könnte sich kein Leben entfalten. Wenn wir also Natur zerstören, zerstören wir im Allgemeinen auch Teile unserer Lebensgrundlage und oft auch ungefragt die unserer irdischen Mitbewohner (Säugetiere, Vögel, Insekten, usw.). Nun ist die Natur keine heile Welt und wir sollten auch nicht versuchen, sie nach unseren Heilsvorstellungen zu formen. Dazu verstehen wir viel zu wenig von dem Phänomen „Natur“.

Zwischen dem Menschen und der Natur besteht in der gegenwärtigen Wahrnehmung eine Hierarchie: der Mensch fühlt sich überlegen und versteht die Natur als etwas Inferiores, als etwas, was dazu da ist, primär den menschlichen Nutzenerwartungen zu dienen. Deutlicher könnte man auch von einem Ausbeutungsverhältnis zwischen Mensch und Natur sprechen.

Dieses Verhalten zeigen nicht alle Teile der Weltbevölkerung. Indigene Bewohner von Nord- und Südamerika und Australien kennen dieses Ausbeutungsverhältnis nicht. Sie nutzen die Natur, aber kommunizieren respekt- und rücksichtsvoll mit der Natur auf Augenhöhe, auf gleicher Ebene. Der Grund könnte in den unterschiedlichen Weltbildern liegen, die deren Haltung bestimmen. Indigene Individuen sprechen gerne von der „Mutter Erde“ und drücken damit mythisch aus, dass sie sich und alle anderen Lebewesen gleichberechtigt auf eine gemeinsame Wurzel zurückführen lassen.

Unsere Zivilisation kennt den Begriff „Mutter Erde“ als anthropogene Metapher nicht. Wir „Zivilisierten“ beziehen unser Weltbild aus der Kosmogonie des Alten Testaments (1 Moses 1,29), in der ein Schöpfer (an der Hierarchiespitze ganz oben) die Menschen (nachgeordnet, aber dem Gotte ähnlich) schafft und zusätzlich den „Rest“ (die Natur) hinzufügt. Zudem gibt der Schöpfer den Menschen die Botschaft mit auf den Weg: „Macht euch die Erde untertan!“. Das sieht die Theologie möglicherweise differenzierter, aber so haben es die „zivilisierten“ Monotheisten als „Kinder Gottes“ im Wortsinne verstanden und über die Jahrhunderte in die Realität umgesetzt. Auch hier fällt auf, dass das Bild einer Familie strapaziert wird, aber die Familie besteht nicht mit Mutter Erde einem engen materiellen Verwandten, sondern sie wird mit Hilfe eines weit entfernten väterlichen Geistwesens verkörpert. Jahrtausende war dessen Aufforderung zur Unterjochung der Welt relativ harmlos, weil die Technologie (das „Waffenarsenal“) für große Veränderungen fehlte. Erst die Entwicklung von neuen Technologien in Zusammenarbeit mit der kapitalistischen Wirtschaftsform schuf eine Grundlage, die dazu führt, dass wir über die weitere Entwicklung des Menschen uns ernsthafte Gedanken machen müssen.

Wenn wir also umgangssprachlich von ‚Naturschutz‘ sprechen, müssten wir darunter im Grunde Schutz der Lebensgrundlage des Menschen verstehen. So wird Naturschutz gegenwärtig aber nicht wahrgenommen. Der Naturschutz gilt primär dem Artenschutz und relativ kleinräumigen Biotopen. Die „Natur“ als Lebensgrundlage ist den meisten Menschen nicht im Bewusstsein und löst keinen Schutzreflex aus. Natürlich freuen wir uns, wenn wir den Gesang eines Vogels (noch) wahrnehmen können, aber das geschieht i.d.R. nicht selbstlos. Der Gedanke, dass die ‚Natur‘ ausschließlich zur Befriedigung unserer ökonomischen oder individuellen Bedürfnisse besteht, hat sich in die Köpfe der Menschen tief eingegraben. Wir weisen der sogenannten ‚Natur‘ einen Zweck zu und zementieren die Haltung, die sich aus unserem alten Weltbild entwickelt hat. Die Vorstellung, dass das, was wir Natur nennen, diesen Zweck gar nicht erfüllt, wird gern übersehen. Das Leben will leben, wie es Albert Schweitzer einmal ausgedrückt hat und ist als Leben dem Leben des Menschen nicht hierarchisch untergeordnet. Diese Herabsetzung des nichtmenschlichen Lebens ist nicht sinnvoll zu begründen. Wir haben die Fähigkeit verloren, mit allem Leben auf Augenhöhe zu kommunizieren und das gesamte „Bild“ zu sehen und daraus zu lernen.

Selbst die Tatsache, dass wir von der Natur leben (was viele vergessen, weil der Strom aus der Steckdose kommt und die Pizza von „Aldi“) kann diese Aussage nicht einschränken. Die Natur kennt Fressen und Gefressen werden, kennt auch Kooperation und Wettbewerb. Aber das Leben, das wir oft leichtfertig zerstören, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen, sollte uns Respekt abfordern, der sich im Umgang mit dem Leben ausdrückt. Unsere Ernährung besteht nicht aus Proteinen, Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Sie besteht primär aus der Zerstörung von anderem Leben. Keine Pflanze, kein Tier hat im Rahmen der Evolution den alleinigen Zweck der menschlichen Nahrung zu dienen.

Wir müssen uns über eins klar werden: Nicht die Natur oder was wir darunter verstehen wollen, droht kaputt zu gehen. Die Natur gewinnt letztlich immer, denn sie hat unendlich viel Zeit. Wir, die Menschen, sind das fragile Moment in dem System. Wir benötigen, um unser relativ kurzes Leben zu fristen, ein bestimmtes Umfeld und wenn wir die Elastizität des Systems Erde überdehnen, wird die Spezies Mensch einfach verschwinden, jedoch nicht „Mutter Erde“ (um den mythologischen Begriff nochmals aufzugreifen): Sie wird sich noch viele Millionen Jahre einfach weiterdrehen. Mit anderen Worten: richtig verstandene Erhaltung unserer Umwelt dient letztlich der Erhaltung des Menschen als Art oder Gattung!

Uns will als Spezies niemand an den Kragen, außer wir tun es selbst. Wir, die Gattung Mensch, sind der ‚Natur‘ absolut gleichgültig – wir sind nur eine Art von vielen Tausenden. Die ‚Natur‘ bietet uns zwar einen Lebensraum, aber darum kümmern müssen wir uns selber. Die Grenzen der Elastizität unseres Lebensraumes setzen uns auch klare Handlungsgrenzen. Streng genommen ist auch diese Aussage falsch, weil die ‚Natur‘ nichts ‚bietet‘ noch etwas ‚setzt‘. Erst das Netz der Beziehungen setzt wechselseitige Grenzen und unsere altvorderen Artgenossen haben uns in einem Prozess von Kooperation und Konkurrenz auf diesem Planeten in diesem Netz des Lebens einen Platz geschaffen. Heute meinen wir, dass wir mehr beanspruchen dürfen als uns möglicherweise zusteht. Wir verheizen gegenwärtig die Zukunft unserer Enkel. Wir glauben, herrschen zu können ohne die Netze des Lebens und deren Nachhaltigkeitsgrenzen beachten zu müssen. Wir verstehen sie vielfach nicht einmal. Das könnte sich auf längere Sicht als fataler Irrglaube erweisen.

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