P&R – das Debakel eines Schönwettermodells

Drei Gesellschaften der P&R – Gruppe sind insolvent (AZ: 1542 IN 726/ 18 ff.). Die verbleibenden Gesellschaften der P&R – Gruppe haben keinen Insolvenzantrag gestellt und sind deshalb wohl unverändert ‚werbend‘ tätig. Es geht um etwa 50.000 Anleger, deren Investitionen mit ca. 3,5 Mrd. Euro im Feuer stehen. Dabei ist vieles noch unklar. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat seinen Auftrag angenommen und hat zur Verstärkung offensichtlich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse hinzugezogen.

» weiterlesen

P&R wurde 1975 gegründet und der Gründer verstarb vor einiger Zeit. Das Geschäftsmodell ist also in seinen Grundzügen über 40 Jahre alt und galt aufgrund der langen Existenz in der Branche als seriös. Das Anlegermodell ist relativ einfach: Der Anleger kauft eine bestimmte Zahl von Containern (egal ob neu oder gebraucht) und schließt gleichzeitig mit einer P&R-Gesellschaft einen Mietvertrag ab, der es der P&R erlaubt, diese Container im eigenen Namen und eigene Rechnung auf dem Weltmarkt zu vermieten. Die Container sind aufgrund von Nummern grundsätzlich identifizierbar. Der Anleger erhält eine im Vertrag fixierte Miete pro Tag garantiert, unabhängig davon, ob der Container herumsteht oder vermietet ist. Die Miete wird i.d.R. vierteljährlich nachschüssig ausgezahlt.

Wo liegen die Risiken und wer trägt sie? Der Anleger wird Eigentümer von eine Reihe von Containern, die er bezahlt und deren Verwaltung er vertrauensvoll in die Hände von P&R gibt. Was sollte er auch mit den Containern sonst machen? P&R unterhält auch deshalb eine Infrastruktur, um die Container weltweit überwachen und vermieten zu können. Sie hatte aufgrund der Mietpreisgarantie dafür zu sorgen, dass einerseits die Container nicht verloren gehen und ggfs. repariert werden (daher musste der jeweilige Mieter eine Versicherungsprämie bezahlen) und anderseits die Container regelmäßig ‚in Miete‘ sind. Man hat als Anleger keinen Einblick in die Kostenstruktur bzw. in die Mietpreisstruktur des Weltmarktes. Man darf aber davon ausgehen, dass dieses Modell, das dem Anleger in den besten Jahren Brutto-Renditen (vor Abschreibung auf die angeschafften Container) bis zu ca. 14% zuspielte, auch P&R mit guten Erträgen versorgte.

Container waren insbesondere in den Anfangsjahren knapp und die Mieten erfreulich hoch. Das hat sich mit den Jahren entspannt. Dann kam die Krise mit den Schiffskapazitäten: Die Betreiber von KG-Modellen (oder auch Schiffsbeteiligung genannt) haben ohne Rücksicht auf den Markt Schiffe produziert, die, wenn sie dann nach einer relativ langen Projekt- und Bauzeit fertig waren, keine Verwendung mehr fanden. Diese Krise riss viele Reedereien (nicht nur die Betreiber der KG-Modelle) in die Insolvenz. Möglicherweise hat sich auf dem Containermarkt ähnliches abgespielt. Dadurch hat sich der Containermarkt so stark entspannt, dass die Mietraten gefallen sind. Dabei fällt aber auf, dass bei P&R die operativen Gesellschaften nicht insolvent sind. Diese Erkenntnis führt die obigen überschlägigen Überlegungen teilweise ad absurdum. Die dargestellte Gedankenkette trifft wohl nicht die Realität. Dann bleiben immer noch sogenannte unternehmerische ‚Dummheiten‘, die dazu führen können, dass ausgerechnet die Servicegesellschaften rund um das Container-Kerngeschäft insolvent werden.

Was könnte das für die Anleger bedeuten? Er ist unverändert Eigentümer von eine Reihe von Containern, die irgendwo in der Welt hoffentlich Mieten verdienen. Dann teilt sich aber die Spreu vom Weizen: Wenn man über einen Vertrag mit der P&R Vertriebs- und Verwaltungsgesellschaft GmbH verfügt, ist der Vertrag Gegenstand der Insolvenzverfahrens. Wenn man über einen Vertrag mit der P&R Transport Container GmbH verfügt, bewegt man sich (noch) außerhalb des Konkursverfahrens, weil diese und andere Gesellschaften unverändert aktiv sind. Die Mieteinnahmen können grundsätzlich von den nicht insolventen Gesellschaften vereinnahmt werden ohne automatisch der Insolvenzmasse zugeschlagen zu werden. Auch die bisher in 2018 erfolgten Auszahlungen wurden von letzterer Gesellschaft vorgenommen. Aber mehr lässt sich aus den Meldungen und den Verträgen nicht herauslesen.

Diese hier diskutierte Anlageform ist Teil des Grauen Marktes. So wie die Schiffsbeteiligungen werden sie als unternehmerische Beteiligungen eingestuft, obwohl außer dem Eigentum alle unternehmerischen Entscheidungen abgegeben bzw. in andere Hände gelegt werden. Das hat zur Folge, dass immer dann, wenn sich die Marktverhältnisse verändern, der ‚richtige‘ Unternehmer handeln würde. Der unternehmerische Anleger, selbst wenn er es versteht, kann aber nicht handeln, weil er seine diesbezüglichen Rechte über die Vertragslaufzeit aufgegeben hat. Also handelt ein Beauftragter, der aber nur Direktiven besitzt, wie er den Fall bei ‚Schönwetter‘ zu bearbeiten hat. Deshalb ist der unternehmerische Anleger sein eigener Gefangener und das unternehmerische Etikett eher als Marketing wirksamer Schwindel zu bezeichnen. Die steuerliche Beurteilung erfolgt auf einem anderen Blatt.
Nachtrag (28.3.2018):
Die einsetzenden Recherchen der Medien fördern wenig Neues zutage. Klar wird, dass die Annahme, der Containermarkt hätte mit dem Schiffsmarkt gelitten, nicht richtig ist. Eher wird das Gegenteil vertreten – der Markt boomt. Der Eigentümer von P&R ist nicht zu erreichen – man spricht davon, er sei untergetaucht. Es gibt viele Fragezeichen, weil es durchaus möglich erscheint, dass die Insolvenz der drei Gesellschaften durch relativ einfache Mittel hätte abgewendet werden können. Alles das spricht dafür, dass das eingetreten ist, was ich als „unternehmerische Dummheiten“ bezeichnet habe, um nicht gleich ohne Nachweis von Veruntreuung, Betrug und ähnlichem Delikten sprechen zu müssen. Es bleibt spannend!

» weniger zeigen

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert