Themen zur Globalisierung sind nahezu täglich in den Wirtschaftsmedien. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass die Globalisierung für uns Menschen oder Bürger eine immense Bedeutung hat. Aber stimmt das wirklich? Fühlen Sie sich in ihrem täglichen Leben von Fragestellungen der Globalisierung berührt? Die meisten Zeitgenossen werden mir zustimmen können, wenn ich darauf einfach und schlicht mit „Nein“ antworte. Wie erklärt sich das?
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Die Globalisierung ist ein Begriff, der von den Großkonzernen – den Globalplayers – geprägt wurde. Sie haben damit ihre Interessen zu einem (Kampf-)Begriff gebündelt. Globalisierung reduziert sich ja nicht auf internationalen Freihandel, sondern Globalisierung ist eine neoliberale Strategie, die viel weitergehend darauf hinausläuft, die Individualitäten der vielen Teilmärkte der Welt und ihre Art, Geschäft zu betreiben, global zu standardisieren, weil die jeweiligen Eigenheiten der Teil-Märkte dem Durchmarsch des globalen Rentabilitätsdenken der Globalplayer im Wege stehen.
Die Globalplayer stehen aufgrund ihrer Größe und dem Zwang zum Durchsatz großer Mengen in den klassisch nationalen Märkten mit dem Rücken an der Wand. Denn die bestehenden Teil-Märkte sind zu klein und der Aufwand, sich als Großorganisation auf diese Märkte einzustellen, um erfolgreich zu agieren, ist aus ihrer Sicht so erheblich, dass sie keine Kosten und Mühen scheuen, diese ihre einseitige Sichtweise uns Bürgern über die Medien nahezu täglich als einzig und ‚alternativlos‘ mit großem publizistischen Aufwand zu verkaufen.
Es entspricht also nicht den Tatsachen, dass diese Teil-Märkte unrentabel, schlecht organisiert oder unangemessene Zugangsbarrieren aufgebaut hätten, es ist schlicht die Unfähigkeit und der Unwille der Globalplayer aufgrund ihrer Größe und ihrer Strukturen, sich auf solche Märkte einzustellen. Als der Markt noch als eine wirtschaftspolitische Größe verstanden wurde, die gewissermaßen autonom den Marktteilnehmern ihre Aufgaben zuweisen sollte, machte der Markt die ‚Ansage‘, der die Teilnehmer zu folgen hatten. Heute erwarten die Globalplayers, den Markt in ihrem Interesse so gestalten zu können, dass ihre strukturellen Bedürfnisse befriedigt werden. Wenn ein ‚autonomer‘ Markt die Chancen für alle unter hoffentlich nachvollziehbaren Regeln verteilt, so wollen die Globalplayer einen ‚Markt‘ schaffen, der in erster Linie ihren Bedürfnissen entspricht und der Rest der Welt darf diesen Vorstellungen freundlicherweise beitreten, sofern der Rest die Regeln beachtet, die von den Globalplayers ohne jede Legitimation für die Allgemeinheit (und damit für die Mehrheit) gesetzt werden.
Wenn wir, die Vielen, der Meinung sind, dass uns die Globalisierung eigentlich nicht sonderlich interessiert, so ist doch die Frage berechtigt, ob das Interesse der vielen Nicht-Globalisierer mit dem Interesse der Globalplayer übereinstimmt oder, sagen wir, vereinbar ist bzw. ob das Handeln der Globalplayer überhaupt in unserem Sinne sein kann?
Als Beispiel können wir die EU nehmen: Ähnlich wie der Globus aus der Sicht der Globalplayer ist die EU inzwischen zu einem zwar kleineren, aber vergleichbaren Wirtschaftsraum geworden. Auch dieser Markt wurde strukturiert, in dem man u.a. Handelsklassen für alle wesentlichen Güter eingeführt hat, die u.a. zur Folge haben, dass die Erzeuger der landwirtschaftlichen Waren bis zu 30 % ihrer Ernte aussortieren (und letztlich als nicht verkäuflich vernichten müssen), weil die Optik und Größe dieser Ware den willkürlich definierten Handelsklassen nicht entsprechen. Die EU hat es nicht fertig gebracht, einen Zweitmarkt (mit lokaler oder regionaler Bedeutung) zu installieren oder offiziell zu zulassen, auf dem Waren angeboten werden können, die durch die künstlich herbeigführten „Ritzen“ der Handelsklassen fallen. Die Waren sind ja trotzdem vollwertige Lebensmittel. Der Grund liegt darin, dass der Großhandel vermutlich den Wettbewerb dieser Waren fürchtet und die EU es in Kauf nimmt, dass wir eine unglaubliche Verschwendungsmaschinerie errichtet haben.
Mit anderen Worten: Die Globalplayer nutzen ihren (finanziellen) Einfluss, um analog zum oben genannten Beispiel die globalen Märkte zu ihrem Nutzen strukturieren zu können. Auch da wird es zahllose Waren, vor allem von Kleinerzeugern, geben, die den angedachten globalen Standards nicht entsprechen und dann zum Handel und damit auch zur Versorgung der Bevölkerung nicht zugelassen werden. Dabei verweisen die Globalplayers und ihre Lobbyisten immer wieder darauf, dass uns nur die Globalisierung Wohlstand bringen kann und winken verheißungsvoll mit Wachstum und Arbeitsplätzen – beides Zauberworte, bei denen Politiker i.d.R. vor Entzücken die Augen verdrehen und in intellektuelle Schockstarre verfallen.
Eine ganze Reihe von Untersuchungen zu den Auswirkungen des gegenwärtig im Geheimen noch auszuhandelnden TTIP und Ceta, (die vergleichbare Marktstruktur-Ziele wie Handelsklassen im Auge haben, die aber wesentlich komplizierter und umfassender in den Markt und in die nationale Wirtschaftspolitik eingreifen werden) zeigen, dass der zu erwartende Effekt auf Wachstum und Beschäftigung als äußerst gering eingeschätzt wird.
Damit stellt sich eine grundsätzliche Frage: Wer sind eigentlich die sogenannten Globalplayer und fußt ihre Legitimation zum Handeln auf mehr als auf Geld und Macht? Es gibt keine eindeutige Bestimmung, keine Listen, aus denen hervorgehen könnte, wer dazuzählt. Es gibt jedoch Untersuchungen, die zu der Erkenntnis kommen, dass die globale Wirtschaft im Eigentum von etwa 100 -110 Personen oder Familien steht. Dann kann man als grobe Schätzung davon ausgehen, dass etwa 200 Konzerne weltweit unter die Bezeichnung ‚Globalplayer‘ fallen könnte und diese Bezeichnung auch ihr globales Betätigungsfeld angemessen beschreibt. Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Unternehmen, die sich mit der Bezeichnung ‚Globalplayer‘ schmücken, dabei aber den Mund etwas zu voll nehmen. Von diesen 200 Unternehmen entfallen auf Deutschland als wichtige Wirtschaftsnation geschätzte 10 – 15 Groß-Konzerne.
Diese Zahlen, die sicherlich eine hohe Unsicherheit enthalten, zeigen aber in etwa, welche (im Grunde geringe) Bedeutung diese Konzerngruppen am deutschen Beschäftigungsmarkt haben. Es gibt Zahlen, nach denen etwa 10 % der Beschäftigen auf die Globalplayer entfallen und dann folglich 90 % der Beschäftigten auf Unternehmen entfallen, deren Umsatz und wirtschaftlicher Einfluss weit unterhalb dieses exklusiven Unternehmenskreises der Globalplayer angesiedelt sind. Für die Bürger ist aber das Wohlergehen jener 90 % der Unternehmen ganz entscheidend für ihre persönliche Einkommenssituation. Auch wenn den vorgelegten Zahlen eine große Unsicherheit eigen ist, macht doch diese Darstellung deutlich, dass sich die Größe dieser Gruppe, gemessen an den Beschäftigungszahlen, auf den nationalen Gesamtmarkt sich irgendwo bei 10% einpendelt und trotz der relativ geringen Bedeutung sollen sich 90% der Wirtschaftseinheiten den Wünschen und einseitigen Strukturvorschlägen dieser Konzerne beugen? Wedelt hier nicht aus der Sicht des betroffenen Bürgers ‚der Schwanz mit dem Hund‘?
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